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Hochzeit von Julian Assange und Stella Moris
Der Bräutigam bleibt unsichtbar

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Assange und Moris, sie ist seine zweite Frau, wurde danach «eine kurze Zeit der Zweisamkeit» gestattet.
Auftritt der Braut mit Familie: Stella Moris (2.v.r.) in einem Kleid von Vivienne Westwood.
Julian Assanges Braut posiert alleine vor dem Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh – gemeinsame Fotos waren dem Paar untersagt.
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Das letzte ikonografische Bild, das man von ihm gesehen hatte, war das von seiner Verhaftung in der ecuadorianischen Botschaft in London. Sieben Jahre hatte er dort verbracht. Dann, 2019, führte die britische Polizei Julian Assange in Ketten ab. Mit seinem bleichen Gesicht, den langen Haaren und dem Bart erinnerte er an einen Propheten, einen Märtyrer. «UK must resist!» rief der Wikileaks-Gründer und streckte im Polizeibus die Daumen nach oben. Er bat nur um eines: Liefert mich nicht den USA aus.

Jetzt hat der 50-Jährige seine Anwältin Stella Moris geheiratet. Die kurze Zeremonie fand im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh statt, in welchem Assange seit drei Jahren einsitzt. Der Internetaktivist soll ein von der Modeschöpferin Vivienne Westwood designtes Röckchen getragen haben, so hiess es zumindest, ein offizielles Hochzeitsfoto war dem Paar nicht erlaubt. Die Braut trug ein silberfarbenes Westwood-Kleid. 

Auf seiner Internet-Plattform Wikileaks hatte Assange einst unter anderem Dokumente des US-Militärs von den Einsätzen in Afghanistan und dem Irak veröffentlicht, die die Whistleblowerin Chelsea Manning besorgt hatte. Auf einem Video unter dem Titel «Collateral Murder» ist beispielsweise zu sehen, wie US-Soldaten aus einem Hubschrauber heraus in Bagdad zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters und zehn weitere Zivilpersonen erschiessen.  

Am Tag seiner Hochzeit war Assange – man könnte das fast tragisch nennen – sogar für den Boulevard interessant. Mit seinem Hochzeitskilt habe der Australier auf die schottischen Wurzeln seiner Familie hinweisen wollen, so hiess es. Vivienne Westwood, 80, hatte Assange und seine Aktionen immer wieder auch finanziell unterstützt und ihn monatlich in der ecuadorianischen Botschaft besucht.  

Vier Gäste und zwei Trauzeugen

So trat für einen kurzen Moment in den Hintergrund, dass das Leiden des seit Jahren gejagten, angeblich hochdepressiven Assange bald in den USA weitergehen könnte.  

Dort drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft. Denn was für Assange investigativ war, das galt auf der anderen Seite des Atlantiks immer als Geheimnisverrat. Und: Assange war es nicht wichtig, von welcher Seite ihm Informationen zugespielt wurden, Hauptsache, er veröffentlichte sie. Auch das wurde ihm zum Verhängnis. Seinen Berufungsantrag gegen eine Auslieferung jedenfalls hat der Londoner Supreme Court dieser Tage für «unzulässig» erklärt. Nun liegt die Entscheidung bei der britischen Innenministerin Priti Patel.  

Vier Gäste und zwei Trauzeugen waren dem Paar erlaubt. Diese mussten das Gefängnis gleich nach der mittäglichen Zeremonie wieder verlassen. Assange und Moris, sie ist seine zweite Frau, wurde danach «eine kurze Zeit der Zweisamkeit» gestattet. Assange und die Juristin und Menschenrechts­aktivistin sind seit 2015 ein Paar und haben zwei Kinder. «Ich bin sehr glücklich und sehr traurig», sagte Moris anschliessend, nachdem sie vor Reportern eine dreistöckige Hochzeitstorte angeschnitten hatte. «Ich wünschte, er wäre hier», fügte sie mit Blick auf ihren Bräutigam hinzu.

«Er hat ein tiefes Verständnis von Recht und Unrecht.»

Stella Morris über Julian Assange

Moris, die in Südafrika geboren wurde und die Tochter einer spanischen Theatermacherin und eines schwedischen Architekten ist, hatte zuvor im Guardian erklärt: «Ich werde die Liebe meines Lebens heiraten.» Julian Assange sei «ein wundervoller Mann, intelligent und witzig, er hat ein tiefes Verständnis von Recht und Unrecht». Ihre Hochzeit sei «keine Gefängnishochzeit», sondern «eine Liebes- und Widerstandserklärung den Mauern zum Trotz».  

Und so wurde am Ende zwar kein neues, ikonografisches Bild des ersten Intellektuellen der digitalen Kultur geschaffen. Aber für einen kurzen Augenblick kehrte er doch wieder in die Schlagzeilen zurück, dieser manchmal etwas bizarr wirkende «Cypherpunk», wie er sich lange nannte, halb Netz-Verschlüssler, halb Anarchist, Störer der Macht, Kämpfer für freie Internet-Kommunikation, Ideologe, Anti-Zuckerberg, Charismatiker, Messias, und nun auch wieder: Ehemann.