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Bauer und Schauspieler Simon Wisler
Der Regisseur sagte ihm: «Heute fühlst du dich, als wäre deine beste Kuh gestorben»

Sein Filmcharakter Marco verliebt sich und wird dann schwer krank: Am Anfang dachte Simon Wisler, er könne für die Rolle einfach ein paar Sätze aufsagen – weit gefehlt. 
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«Drii Winter» beginnt mit den wuchtigen Schultern von Marco. Wir beobachten ihn von hinten, wie er auf der Alp Pflöcke einschlägt, und werden neugierig: Wer ist dieser kräftige Mann, und wieso schaut er uns nicht an? 

Marco wird gespielt vom Simon Wisler, und der ist eigentlich nicht der Typ, der anderen den Rücken zukehrt. Dafür ist der Bergbauer viel zu umgänglich. So jedenfalls wirkt Wisler, wenn er am Telefon erzählt, wie es zu seiner Hauptrolle in «Drii Winter» kam.

Wisler hat einen grossen Hof in Parpan in der Lenzerheide, unter anderem 10 Braunviehkühe, 60 Kälber und Rinder, gut 50 Hektaren auf 1500 Höhenmetern und aufwärts. Es war am Bubenschwingen vor ein paar Jahren, als ein Städter auf ihn zukam und fragte, ob Wisler in einem Spielfilm mitmachen möchte. «Ich sagte ‹Selbstverständlich› und dachte, so habe ich Ruhe.» 

Nach zwei Jahren lenkte er ein und übernahm die Rolle: Simon Wisler an der Premiere von «Drii Winter» im Februar in Berlin. 

Als ihn der Regisseur Michael Koch nach einem Jahr wieder anrief, sagte Wisler, er habe wirklich keine Zeit. Grosser Betrieb, viel zu tun, Wisler ist auch Alpmeister und Präsident der Alpkäserei Parpan. Doch Koch liess nicht locker, nach zwei Jahren lenkte Wisler ein. «Ich hatte immer das Gefühl, er merkt dann schon, dass ich für die Rolle nicht geeignet bin.» Um dem Regisseur zu verstehen zu geben, dass er es nicht könne, habe er die Dialoge nie geübt. Aber am Ende hat es Wisler doch wundergenommen, was Koch in ihm sieht.

Es ist der eindrücklichste Schweizer Kinofilm seit langem. Bildgewaltig-metaphorisch.

Michael Koch hat «Drii Winter» mit Laiendarstellern besetzt. Für die Rolle von Marco brauchte es einen Kerl, der anpackt, aber auch sensibel reagiert. Das Drama hat er in den Steilhängen im Isenthal in Uri gedreht; bereits hat es ihm Vergleiche mit Fredi Murers «Höhenfeuer» eingebracht. Sicher ist es der eindrücklichste Schweizer Kinofilm seit langem. Bildgewaltig-metaphorisch. Inklusive Dorfchor, der das Geschehen kommentiert.

Marco, auswärtige Hilfskraft bei den Bergbauern, verliebt sich in Anna, die hinter der Theke arbeitet. Als in seinem Kopf ein Tumor entdeckt wird, ist er nicht mehr sich selber. Er verliert die Kontrolle über sein Tun. Bald einmal will ihn das Dorf weghaben. 

Marco hat eine Vorahnung, wenn es um den Tod geht, er klammert sich an jedes kranke Tier. Damit konnte sich Simon Wisler gut identifizieren. Als Bauer falle ihm der Abschied von einer «langen, guten Kuh» ja auch schwer. Manchmal habe ihm Koch gesagt: «Heute fühlst du dich, als wäre deine beste Kuh gestorben.» So seien ihm die Szenen von «Stummheit und Schwerfälligkeit» irgendwie geraten. 

Dabei hatte sich Simon Wisler am Anfang vorgestellt, er könne für die Rolle ein paar Sätze aufsagen. Schwatzen halt, aber dann habe seine Frau das Drehbuch genauer studiert und ihm gesagt, er müsse auch noch andere, richtig verstörende Sachen tun. «Guet Nacht am Sächsi», habe er da nur noch gedacht.

Marco klammert sich an jedes kranke Tier: Szene aus «Drii Winter». 

An der Berlinale hatte «Drii Winter» Premiere, Simon Wisler stand auf dem Teppich. Der Film kam gut an. Vielleicht wegen der Entschleunigung in einer schnelllebigen Zeit, spekuliert Wisler: «Mir ist die Geschichte viel zu langsam erzählt.» Aber gerade die Langsamkeit habe seine Kollegen begeistert. Sie seien fasziniert von den Extremen in der Bergwelt und der Brutalität des Todes. 

Simon Wisler ist ausgebildeter Landwirt; den Natursprung, also die natürliche Begattung der Nutztiere, wie sie «Drii Winter» zeigt, findet er archaisch. Auf seinem Hof geht es moderner zu. Aber da sind wir wieder bei der Kunst und den archetypischen Bildern von «Drii Winter», für die sich Simon Wisler als sehr geeignet herausgestellt hat. «Ich glaube, es ist ein Heimatfilm, der kein Heimatfilm ist», sagt er. Passt doch perfekt. 

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