Der Name verpflichtetDer nächste Schumacher will in die Formel 1
Michael, Ralf, Mick – und bald auch David Schumacher? Der Neffe des siebenfachen Weltmeisters geht einen vorgezeichneten Weg. Doch es gibt ein Problem.
Immer wieder diese Frage. David Schumacher hat seine Antwort darauf längst gefunden. Trotzdem hört er die Frage weiterhin häufig, sie gehört zu seinem Leben, zur Geschichte seiner Familie. Also: Wie sehr spürt er eine zusätzliche Erwartungshaltung – als Schumacher im Motorsport? «Ich weiss ja nicht, wie es für andere ist. Ich kenne es nur so und habe mich von Anfang an daran gewöhnt», sagt der 20-Jährige. «Ich fühle mich nicht mehr unter Druck gesetzt als andere. Den meisten Druck mache ich mir selbst, und ein kleines bisschen mein Vater.»
David ist der Sohn von Ralf Schumacher, der zehn Jahre in der Formel 1 fuhr und bei 180 Starts sechs Grands Prix gewinnen konnte. David ist der Neffe von Michael, dem siebenmaligen Weltmeister, lange Rekordhalter in vielen Statistiken dieser Serie, prägend wie wenige andere, eine Ikone. Und er ist der Cousin von Mick, der seit 2021 für das Team Haas in der Formel 1 fährt und seit 2022 zudem Ersatzpilot bei Ferrari ist, jenem Traditionsrennstall, mit dem dessen Vater Michael fünfmal den Titel gewann. Wer an Motorsport denkt, denkt an Schumacher. Das kann Türen öffnen und eine enorme Aufmerksamkeit auslösen, wie bei Mick. Es kann aber auch zu der Erfahrung führen, dass Schumacher nicht gleich Schumacher ist – und vielleicht auch nicht sein muss.
Nicht genug Sponsoren für die Formel 2
David Schumacher fährt im Deutschen Tourenwagen-Masters (DTM) für das Team Winward einen Mercedes-AMG GT3. Er nimmt eine Abzweigung von der Route, die auf dem Weg in die Königsklasse üblicherweise vorgesehen ist: Formel 3, Formel 2, Formel 1. Selbst ein sportlich grosser Erfolg garantiert jedoch kein Cockpit. Das Geld spielt eine immer grössere Rolle. Und es gibt nur 20 Plätze.
Oscar Piastri beispielsweise gewann beide Nachwuchsserien jeweils direkt – trotzdem reichte es 2022 in der Formel 1 nur zum Ersatzfahrer bei Alpine, weil andere viel Geld mitbringen. Wie eine Mitgift. In der Formel 2 wären bei einem konkurrenzfähigen Team für eine Saison etwa 4 Millionen Euro nötig. Diese Summe weiter aus der Familienkasse zu zahlen, bisher hat Ralf einen Grossteil der Kosten übernommen, erschien nicht zuletzt nach dem Fall Piastri zu riskant. Sponsoren aber bekam David für die Formel 2 nicht genug zusammen, da half auch der Nachname nicht. «Das hat mich selbst erstaunt», sagt er. «Aber diese Serie bietet als Plattform eben nicht genug Marketingfläche, es dringt wenig nach aussen durch, weil sie kaum übertragen wird.»
Wieso funktioniert beim einen nicht, was beim anderen gelang? Ralf Schumacher sagte in einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung» im März, dass er auf mehr Interesse gehofft habe, weil es «in der Synergie mit Mick sicher gut funktioniert» hätte. Aber Motorsport sei nicht mehr so beliebt bei Unternehmen, und es gebe eben schon einen Unterschied. Mick habe das Glück gehabt, dass er von Ferrari und der Deutschen Vermögensberatung finanziell stark unterstützt worden sei: «Und sein Vater war ja schon irgendwo eine Heldenfigur.»
Mick wurde abgeschirmt, bei David war das nicht nötig
Die Aufregung, die Michael auslöste, egal, wohin er ging, die Neugierde und Faszination um seine Person waren enorm. Und sie sind auf Mick übergegangen. Schon als der heute 23-Jährige in der Formel 4 fuhr, wurde er teils minutenlang von Fotografen umringt. Die Serie interessiert sonst kaum jemanden, dabei sind hier schon einige Nachkommen bekannter Rennfahrer gestartet. Aber so gross wie um Mick war der Wirbel in den Juniorklassen um kaum einen anderen, wahrscheinlich um keinen. Bis zur Formel 3 wurde er deshalb abgeschirmt, so gut es ging.
Bei David war das in dieser Weise nicht nötig. Dass er anders sozialisiert wurde, ist auch daran zu merken, wie er spricht. Höflich, offen und reflektiert, wie sein Cousin, aber nicht mit jener Zurückhaltung, die dieser anfangs, ständig unter Beobachtung stehend, gezeigt hatte. «Die Aufmerksamkeit lag zum Glück immer mehr bei Mick», erzählt David. «Ich hatte meine Ruhe. Darüber bin ich einerseits froh. Sponsorenmässig wäre es andererseits wohl von Vorteil gewesen, wenn wir nicht zeitgleich in Nachwuchsserien gefahren wären.»
Mimik, Gestik, Sprache, Herangehensweise – in Mick suchen viele immer auch Michael. David wird nicht so stark in Relation zu seinem Vater gesetzt, eher zu seinem Cousin, der bereits geschafft hat, was auch er erreichen möchte. Mick gewann in seinem jeweils zweiten Jahr die Formel 3 und die Formel 2, bevor er es in die Formel 1 schaffte und der Hype noch grösser wurde: Der Sohn von Michael! Endlich wieder ein Schumacher! David beendete seine erste Formel-3-Saison ohne Punkte, die zweite als Elfter. Beim dritten Rennwochenende gewann er 2021 den zweiten von drei Läufen. «Das hat mich wirklich befreit und mir mental weitergeholfen. Danach waren die Selbstzweifel weg und es ging nur noch bergauf», sagt er. «So lange ohne Punkte – da stellt man sich selbst irgendwann schon in Frage.» Er weiss, dass er zwingend mehr Erfolg haben muss, um den Aufstieg zu schaffen.
Vater Ralf ist Mentor, Coach und Mitbewohner
Der Weg in die Formel 1, sagt Vater Ralf Schumacher, sei «einfach nicht mehr bezahlbar». Trotzdem will es David versuchen. Auch wenn er findet, dass der Motorsport in den Formel-Kategorien zuletzt eine schlechtere, weil stärker aufs Geld fokussierte Entwicklung genommen hat. Kam nach den jüngsten Erfahrungen mal der Gedanke auf, eine andere Karriere zu verfolgen? Was den finanziellen Aspekt angeht, ja, sagt David. «Aber ich werde immer mein Bestes geben, um so weit zu kommen, wie ich kann. Sollte es irgendwann nicht mehr funktionieren, muss ich das dann akzeptieren.» Aber eben erst dann.
Es hilft, bei all den Hürden einen Vertrauten zu haben, der diese Welt bestens kennt. In der Formel 4 wurde David Rookie-Meister mit dem Team US Racing, das von seinem Vater mitgeführt wurde. Seit jeher ist Ralf Mentor, Manager und Fahrcoach für ihn. Sie wohnen seit langem zusammen, nur sehen sie sich wegen der vielen Reisen seltener. «Dadurch, dass mein Vater sehr viel Erfahrung hat, kann ich von ihm sehr viel mitnehmen», sagt David. «Er ist zu mir auch immer komplett offen.»
Er wähnt sich am passenden Ort, um seine Karriere fortzusetzen. Die Formel 2 ist ohnehin erst mal keine Option. Vater und Sohn haben das ausgiebig besprochen. Auch, ob die fehlenden Sponsoren doch über ein weiteres privates Investment aufgefangen werden könnten. «Aber die Erfolgschancen waren so gering, die meisten guten Teams hatten ihre Fahrer, da wäre es eine Geldverschwendung gewesen», sagt David.
Für ihn geht es dieses Jahr vor allem darum, zu lernen. Die Umstellung auf ein GT-Auto ist gross: mehr Gewicht und technische Systeme wie ABS erfordern eine veränderte Herangehensweise. Von den 28 Konkurrenten – darunter die Schweizer Nico Müller, Ricardo Feller und Rolf Ineichen – bringen einige jahrelange Erfahrung aus GT-Serien und in der DTM mit. Schumachers Teamkollegen Lucas Auer und Titelverteidiger Maximilian Götz gehören dazu. Einfach wird es nicht.
Was nach dieser Saison kommt, darüber hat David Schumacher sich noch keine Gedanken gemacht: «Ich bin ein spontaner Mensch. Ich habe noch nie einen Zeitplan aufgestellt, das werde ich auch nie. Ich denke, das macht mehr kaputt, als es hilft.» Vielleicht führt ihn sein Weg zurück in die Formel-Welt, vielleicht wird es eines Tages wieder zwei Schumacher in der Formel 1 geben. Vielleicht wird der Tourenwagensport doch mehr als eine Abzweigung. Auch so würde er die Familientradition fortführen. Michael – nur ein paar Rennen – und Ralf fuhren beide in der DTM. Champion aber ist hier noch kein Schumacher geworden.
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