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Bergführer und Hüttenwart
Der Mann, der Ötzi ausgrub

Im September 1991 schrieb er ein Kapitel Weltarchäologie mit: Bergführer und Hüttenwart Markus Pirpamer (56) mit Ehefrau Ulli.

In zwei Wochen schnallt Markus Pirpamer die Felle unter die Ski und steigt vom Niedertal weit hinten im Ötztal hoch zur Similaunhütte. Auf 3019 Metern über Meer schliesst der Hüttenwart die Tür auf und macht sich daran, die hochalpine Herberge für den Ansturm der Skitourentouristen vorzubereiten. Pirpamers Frau Ulli, die beiden Söhne und ein halbes Dutzend Angestellte folgen, am 2. März erscheinen die ersten Gäste.

«Die beiden letzten Skitourensaisons fielen Corona zum Opfer. Deshalb rechne ich im März und April mit vielen Übernachtungen», sagt der 56-jährige Bergbauer aus Vent im Ötztal. Er kocht für die sportliche Kundschaft oft Pastagerichte. «Das Fleisch für den Sugo, aber auch Lamm- und Rinderbraten stammen von unserem Hof», sagt Pirpamer, in dessen Stall 50 Schafe und 20 Mutterkühe, Kälber und Rinder der seltenen Tux-Zillertaler-Rasse stehen.

Die Similaunhütte bietet auf 3019 Metern über Meer Platz für 100 Gäste.

Die Similaunhütte zwischen Schnals- und Ötztal mit 100 Schlafplätzen wurde einst von der Familie seiner aus dem Südtirol stammenden Mutter Adolfine geführt. Vom Küchenfenster blickt Pirpamer auf den Ortler, Südtirols höchsten Gipfel. Italien oder Österreich?

Das war auch die Frage im September 1991, als Markus Pirpamer, ohne es zu wissen, ein Kapitel Weltarchäologie mitschrieb. «Eines Nachmittags stand das Ehepaar Simon entgeistert in meiner Küche und berichtete von einer Leiche, die es auf dem Rückweg von der Finailspitze entdeckt habe.» Bergführer und -retter Pirpamer stieg 40 Minuten hoch zur Fundstelle und sah: Ötzi! Und zwar knapp auf Südtiroler Terrain, was aber erst später die Geometer herausfinden würden. «Ich hatte natürlich keine Ahnung, dass ich einen Steinzeitmenschen vor mir hatte», sagt Pirpamer.

Ein Leichenwagen für die Mumie

Zwei Tage später pickelte er die Leiche mit dem Pressluftbohrer aus dem Eis. «Die Verletzungen an der Hüfte stammen nicht von urzeitlichen Feinden, sondern von meinem Gerät», bekennt Pirpamer. Ötzi wurde in einen Bergungssack gesteckt und per Heli nach Vent geflogen, wo der Bestatter mit dem Leichenwagen wartete.

Sensationsfund: Ötzi, die 1991 entdeckte Gletschermumie aus der Jungsteinzeit.

Erst der Gerichtsmediziner an der Uni Innsbruck realisierte die Sensation. Ötzi war der Beweis, dass Menschen vor 5300 Jahren den Alpenhauptkamm überquerten. Hüttenwart Pirpamer hat den epochalen Fund nie für sich ausgeschlachtet. Im Gegensatz zu den Touristikern unten im Tal, die etwa ein Disney-mässiges Ötzi-Dorf bauten oder den Ötzi-Tanzstadl eröffneten. «Ich bin ein Verfechter des sanften Tourismus. Auch wenn ich genau weiss, dass die hintersten Regionen im Ötztal ohne Tourismus nicht auskommen würden», sagt Markus Pirpamer.

Unaufgeregter Gegenentwurf zu Sölden

Sein Heimatdorf Vent auf 1900 Metern über Meer ist mit vier in die Jahre gekommenen Sesselbahnen und Skiliften der unaufgeregte Gegenentwurf zum fiebrigen Sölden. Pirpamer sitzt seit sechs Jahren im Gemeinderat von Sölden, tritt aber nicht mehr zu den Erneuerungswahlen an, ernüchtert und enttäuscht, gegen die geballte Wirtschaftsmacht, gegen Bergbahnmanager und Hoteliers politisch wenig ausrichten zu können. «Wir sprechen im Rat von Ökologie, gleichzeitig liegen Projekte vor, auf Hoteldächern beheizte Swimmingpools zu bauen, von denen der Dampf romantisch in den Winterhimmel steigt.»

In der Similaunhütte bietet der knorrige Bergler konsequenterweise wenig Luxus. Es gibt zwar auch ein paar Doppelzimmer, für die Katzenwäsche aber fliesst nur kaltes Wasser.

www.oetztal.com