Der lange Weg zur Diagnose
Je früher entzündliches Rheuma diagnostiziert wird, umso wirkungsvoller lassen sich die Symptome bekämpfen. Oft vergeht aber viel Zeit, bis die definitive Diagnose feststeht.

«Rund 40 Prozent der von entzündlichem Rheuma Betroffenen warteten über 24 Monate , bis ihr Leiden endlich einen Namen bekam und sie mit der gezielten Behandlung beginnen konnten», sagt Valérie Krafft, Geschäftsleiterin der Rheumaliga Schweiz. In einer Online-Umfrage hat die Rheumaliga Schweiz erhoben, wie viel Zeit verstreicht, bis Betroffene einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung eine Diagnose erhalten.
Denn: Bei diesen Krankheiten ist es wichtig, dass schnell die richtige Diagnose gestellt wird, da die ersten Monate ein sogenanntes «therapeutisches Fenster» darstellen. Das bedeutet: Innerhalb dieser Zeit kann der entzündliche Prozess noch gestoppt oder nachhaltig verändert werden. Danach nicht mehr.
«Der Weg von den ersten Symptomen bis zur präzisen Diagnose kann für Patientinnen und Patienten, die unter Rheuma leiden, mühsam sein. Er verlangt von den Betroffenen viel Geduld», sagt Krafft. Erst mit dem eindeutigen Krankheitsbefund könnten sie lernen, mit ihrer chronischen Krankheit umzugehen und zusammen mit den entsprechenden Fachpersonen die individuell geeignete Therapie finden.
Diagnose oft schwierig
«Für die verzögerte Diagnosestellung sind verschiedene Faktoren verantwortlich. Unter anderem werden die Gelenksymptome am Anfang falsch interpretiert», erklärt Thomas Langenegger, Vizepräsident des Zentralvorstands der Rheumaliga Schweiz und Leitender Arzt Medizinische Klinik / Rheumatologie und Osteoporose am Zuger Kantonsspital.
Besonders schwierig ist die Diagnosestellung bei milden Formen von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. «Symptome können nur leicht vorhanden sein mit leichten Gelenkschmerzen und Gelenkschwellungen und sich im Verlauf verstärken», so Langenegger. Es könne vorkommen, dass bei leichten Verlaufsformen die Laborwerte völlig normal ausfallen und auch die Röntenbilder keine Auffälligkeiten zeigen. Einfacher werde eine Diagnosestellung erst, wenn viele Gelenke beteiligt seien.
Zu den häufigsten entzündlichen rheumatischen Erkrankungengehören die Gelenksentzündungen (Arthritis). Diese werden wieder in viele Unterformen unterteilt. Häufig sind auch sogenannte Kristall-Erkrankungen wie die Gicht, die rheumatoide Arthritis und der Morbus Bechterew (siehe auch Interview).
Zu den Gelenksentzündungen kommt die Gruppe der Systemerkrankungen, zu denen unter anderem die Vaskulitiden gehören. Als Vaskulitiden bezeichnet man entzündlich-rheumatische Erkrankungen, die durch eine Neigung zu Entzündungen der meist arteriellen Blutgefässe gekennzeichnet sind.
Vielfältige Ursachen
«Die Ursachen für die Erkrankungen sind genauso vielfältig wie die Erkrankungen selber», erläutert Profesor Oliver Distler, Direktor der Klinik für Rheumatologie am UniversitätsSpital Zürich. «Bei der Gicht kennt man als Ursache beispielsweise die erhöhte Konzentration von Harnsäure im Blut. Überschreitet diese das Löslichkeitsprodukt, kommt es zur Bildung von Kristallen, die eine Entzündung verursachen.» Bei vielen anderen entzündlichen rheumatischen Erkrankungen sei die Ursache nicht klar. Häufig sind Autoimmunphänomene beteiligt.
Hauptsymptom bei den sogenannten Arthritiden ist die Gelenksentzündung, die sich durch Gelenksschwellung, Rötung, Schmerzen sowie Funktions-Einschränkung bestimmter Gelenke zeigt. Bei den Systemerkrankungen können unterschiedliche Organe betroffen sein und je nach Fall auch unterschiedliche Symptome verursachen. Generell kommt es aber auch hier zu einer Entzündung und zu Bindegewebs-Veränderungen.
Langzeitprognose verbessert
Für entzündlich-rheumatische Erkrankungen wurden in den letzten Jahren neue Medikamente entwickelt, die die unterschiedlichen Erkrankungen zielgerichtet angehen können. So sind für die rheumatoide Arthritis heute mehrere spezifische Medikamente verfügbar. Aber auch bei den Systemerkrankungen beginnen sich die therapeutischen Möglichkeiten deutlich zu verbessern: Die starke Gelenkszerstörung mit daraus folgender Funktions-Einschränkung der Gelenke kann heute oftmals verhindert werden.
Dennoch gibt es noch einige Patienten, die auf keines der heute verfügbaren Medikamente ansprechen. «Manchmal möchten die Patienten die neuen Medikamente auch aus Angst vor Nebenwirkungen nicht einnehmen», sagt Distler. In diesen Fällen könne es immer noch zur Zerstörung von Gelenken und zu deutlichen Funktions-Einschränkungen im Alltag kommen.
Nicht zu unterschätzen sei zudem die allgemeine Müdigkeit, welche die Leistungsfähigkeit im Alltag einschränke. Sie ist nach wie vor schlecht therapierbar. Grundsätzlich habe sich die Langzeitprognose in den letzten Jahren verbessert. «Aber gerade bei den selteneren entzündlichen rheumatischen Erkrankungen und den Systemerkrankungen kommt es immer noch zu fatalen Verläufen, für die keine Medikamente zu Verfügung stehen», sagt Distler.
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