Fotoblog: PostkartenbuchAls die Minibar im Hotel der letzte Schrei war
«Check-in Check-out» lässt die glamouröse Welt der Schweizer Hotels der 60er- und 70er-Jahre wieder aufleben und zeigt touristische Wunschwelten im Postkartenformat.
Eine Dame im Leopardenmantel steigt aus der Kutsche, der Portier ist schon zur Stelle. Ein anderer Hotelmitarbeiter hilft mit den Ski, während eine Frau mit Föhnfrisur die Treppen zum Zermatterhof hinaufsteigt, als würde oben ihr Geliebter warten.
Die Szene wirkt so unwirklich wie der perlweisse Schnee vor dem Hotel. Inszeniert hat sie die Kunstanstalt Brügger um 1960. Die Werbeagentur mit Sitz in Meiringen (1878–1994) prägte über Jahrzehnte die Bildwelt von Schweizer Hotels – und schuf damit touristische Wunschwelten im Postkartenformat.
Das Alpine Museum der Schweiz hat sein Archiv durchforstet und lässt mit dem Postkartenbuch «Check-in Check-out» die Zeit wieder aufleben, als das Feriensouvenir aus Papier zum perfekten Werbemittel avancierte. Der Blick aus einem Hotelfenster auf die imposante Bergkulisse, ein herrschaftlicher Speisesaal mit schweren Vorhängen und geblümten Sesseln, ein Buffet mit einer Buurehamme und russischem Salat: All die Bilder tragen das Versprechen puscheliger Glückseligkeit in sich.
Doch was hat das Bild eines Safes oder einer Tiefgarage darin zu suchen? Diese Frage wird im Begleitheft beantwortet, in welchem man überdies viel über die Schweizer Hoteltradition, die Entwicklung des Tourismus und die Geschichte der Werbefotografie erfährt.
Damals war ein Safe jedenfalls eine grosse Neuheit, und auch das Parkhaus war für ein Hotel in Zeiten von steigendem Individualverkehr ein Vorteil, den man zeigen wollte. Der Boom der Grandhotels war vorbei, in den 70er-Jahren waren Hotels mit moderner Infrastruktur wie Aufzügen oder Minibars gefragt.
Damit erzählen die Fotografien auch viel über den Wandel der Zeit. Wie auch der fensterlose Raum mit dem Holztäfer und dem schwindelerregenden Karo-Teppich, in dem sich eine Gruppe befremdlich lächelnder Menschen an Sportgeräten verausgabt.
In Zeiten von Instagram mag man sich über solche Bilder vielleicht wundern. Oder sie zum Kult erklären. Aber eines haben die Werbebilder von damals und heute gemein: die Sicht auf die menschenleeren, prächtigen Berge und die Sehnsucht, die sie auslöst.
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