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Gefährdete Meeresschildkröten
Hunderte Schildkröten-Weibchen suchen ein Männchen

Green sea turtle captured swimming in the shallow waters of the Southern Great Barrier Reef, QLD Australia.
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Schildkröten-Kühlen mag nicht jedermanns Sache sein, aber es hilft: Um die Grüne Meeresschildkröte zu retten, begiessen Tierschützer in Australien die Nester der Tiere regelmässig mit Wasser, das sie mit grossen Giesskannen aus dem Meer holen. So sorgen sie dafür, dass aus den Eiern männliche Schildkröten schlüpfen, und die sind für das Überleben der Art Chelonia mydas in Zeiten des Klimawandels dringend nötig.

Die Entwicklung des Geschlechts hängt bei der Grünen Meeresschildkröte nämlich von der Temperatur im Nest ab: Hat es dort um die 32 Grad Celsius, schlüpfen ausschliesslich Weibchen. Bei 4 Grad kühleren 28 Grad Celsius entwickeln sich männliche Embryos. Auch bei Eidechsen, Krokodilen und manchen Fischen ist diese «temperaturabhängige Geschlechtsdetermination» bekannt. Warum es sie gibt, wissen Biologen nicht genau. Vermutlich ist sie einfach ein zusätzlicher Mechanismus neben der Festlegung des Geschlechts durch das Erbgut, den sich die Natur ausgedacht hat.

Im Fall der Grünen Meeresschildkröte hat der Klimawandel und die damit verbundene Erwärmung diese Methode, die zuvor zuverlässig ein unterm Strich ausgewogenes Verhältnis zwischen Weibchen und Männchen produziert hat, durcheinandergebracht: An manchen Stränden, zum Beispiel im Norden des Great Barrier Reef, schlüpfen mittlerweile fast nur noch Weibchen.

Schildkröteneier an anderer Stelle vergraben

«Je weiter sich das Verhältnis der Geschlechter in Richtung 100 Prozent Weibchen entwickelt, desto schwieriger wird es für erwachsene weibliche Schildkröten, männliche Partner für die Paarung zu finden», sagt Arthur Barraza von der australischen Griffith University in einer Pressemitteilung des Wissenschaftsjournals «Frontiers in Marine Science».

Dort hat Barraza gerade eine Untersuchung veröffentlicht, die zeigt, dass der Klimawandel nicht die einzige vom Menschen verursachte Störung ist, die das Verhältnis der Geschlechter bei der Grünen Meeresschildkröte durcheinanderbringt und so das Überleben der Art gefährdet. «Die Verschmutzung der Meere durch menschliche Aktivitäten beeinflusst das Geschlechterverhältnis sich entwickelnder Meeresschildkröten ebenfalls, und zwar, indem sie den bereits vorhandenen Überschuss an Weibchen zusätzlich verstärkt», sagt Barraza.

Um das herauszufinden, sammelten die Forscher 17 komplette Gelege auf Heron-Island ein, einem kleinen Sandinselchen im Süden des Great Barrier Reef, und vergruben sie erneut an einem Versuchsstandort, an dem die Temperatur im Nest stündlich gemessen wurde. Heron-Island ist ein bekannter Brutplatz der Grünen Meeresschildkröte, jedes Jahr kommen zwischen 200 und 1800 Weibchen dorthin, um ihre Eier im Sand abzulegen und von der Sonne ausbrüten zu lassen. Nach zwei bis drei Monaten buddeln sich die geschlüpften Jungen selbst aus dem Sand und rennen so schnell es geht ins Meer.

Bildnummer: 60263940  Datum: 20.04.2012  Copyright: imago/Anka Agency International
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So weit kam der Schildkröten-Nachwuchs aus den eingesammelten Gelegen allerdings nicht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fingen sie gleich nach dem Schlüpfen ab und schläferten sie ein, um sie untersuchen zu können. Rein äusserlich kann man das Geschlecht bei jungen Meeresschildkröten nämlich nicht erkennen. Die Forschenden mussten dafür die Geschlechtsorgane der Tiere entnehmen und untersuchen.

Um zudem die Belastung der kleinen Schildkröten mit Umweltchemikalien zu analysieren, entnahmen sie auch die Leber der Tiere und untersuchten sie auf verschiedene Substanzen, darunter die Metalle Chrom, Antimon, Barium und Kadmium, aber auch organische Verbindungen wie polyzyklische aromatische Wasserstoffverbindungen.

In elf der eingesammelten Gelege schlüpften den Ergebnissen zufolge mehr Weibchen, als allein anhand der Temperaturverhältnisse zu erwarten gewesen wäre. Der Grund dafür sind der Untersuchung zufolge chemische Substanzen, welche die Forschenden in den Lebern des Schildkröten-Nachwuchses fanden. Am eindeutigsten war der Zusammenhang bei den Metallen Antimon und Kadmium: Je höher die Konzentration dieser Substanzen in den Lebern der Tiere, desto grösser war die Abweichung in Richtung weiblicher Tiere.

Wie kann das sein? Die Studienautoren gehen davon aus, dass beide Substanzen Östrogenen, also weiblichen Sexualhormonen, ähneln, deshalb an Östrogenrezeptoren andocken und so dieselben Vorgänge wie die Geschlechtshormone auslösen. Speziell von Kadmium ist schon länger ein negativer Effekt auf die Reproduktionsfähigkeit von Meeresbewohnern bekannt, zum Beispiel verringert es bei manchen Fischen die Qualität der Spermien. Antimon entsteht unter anderem beim Abbau von Plastikflaschen im Meer.