Nach dem 2:8-DebakelMit oder ohne Messi – wie weiter für Barça?
Die Niederlage gegen Bayern hat den FC Barcelona bis ins Mark getroffen und wird den Weltclub erschüttern. Einer schweigt bislang, und er ist vielleicht der Wichtigste.
Die gedemütigten Spieler versteckten sich hinter ihrem Mund-Nase-Schutz und verschwanden schleunigst in die Ferien. Wenn Lionel Messi und seine Teamkollegen wiederkommen, wird der FC Barcelona nicht mehr sein wie vorher. Zertrümmert vom FC Bayern, wird alles und jeder bei dem einst so stolzen Club infrage gestellt nach der «Schande» («Marca») von Lissabon. «Keiner ist sicher, ich bin der Erste, der sagt, er geht, wenn frisches Blut kommt», betonte Gerard Piqué, 33 Jahre alt und ohne Zweifel eine der Vereinsikonen.
Von der ruhmreichen Vergangenheit mit vier Champions-League-Titeln seit 2006 kann der FC Barcelona aber nicht mal mehr in der Gegenwart leben. «Bayern beerdigt den FC Barcelona», schrieb «La Vanguardia» aus Barcelona. «Die Spieler, die diesem Verein den grössten Ruhm gebracht haben, boten ein unwürdiges Bild für einen hundertjährigen Verein wie Barça», meinte «El Mundo Deportivo».
2:8 – so viele Gegentore kassierten die Katalanen in einem Spiel zuletzt 1946. «Das war kein Spiel, das war kaltblütiger Mord», schrieb «Goal» am Tag nach einer der grössten Demütigungen für den FC Barcelona martialisch. «Als Chronik eines angekündigten Todes schlug Bayern München Barça auf vernichtende Weise.»
Messi und Guardiola bald wiedervereint?
In der Halbzeitpause verharrte Captain Lionel Messi fast schon apathisch auf der Kabinenbank. Nach all den Rückschlägen mit der argentinischen Nationalmannschaft war Barça immer die Wellnesskur mit Erfolgsgarantie für den Südamerikaner. Auch diese Zeit ist vorbei.
«Messi ist verantwortlich und Opfer», schrieb Argentiniens Sportzeitung «Olé». Über einen Weggang des 33-Jährigen wird immer intensiver spekuliert. Nach Informationen des britischen «Daily Mirror» soll Manchester City, ebenfalls beim Finalturnier in Lissabon im Viertelfinale ausgeschieden, sich in der Poleposition wähnen, sollte Messi den Verein verlassen, zu dem er vor 20 Jahren gewechselt war. Dann wäre Messi wieder mit Pep Guardiola vereint.
Der Trainer ist schon fast weg
Als Topanwärter auf den Trainerposten beim FC Barcelona gilt Ronald Koeman. Der 57-Jährige spielte einst für die Katalanen, trainiert derzeit die niederländische Nationalmannschaft. Weitere Kandidaten: Xavi, Patrick Kluivert und der Argentinier Mauricio Pochettino.
Quique Setién wird den Posten nur ein halbes Jahr gehabt haben. «Ich mache mir keine Sorgen um meine Zukunft, ich weiss ja, welchen Beruf ich gewählt habe», sagte der 61-Jährige und sprach von einer «schrecklich schmerzlichen» Niederlage. Seine Position war schon enorm durch das Scheitern im Meisterschaftsduell mit Real Madrid geschwächt. Messi hatte danach öffentlich die Spielweise und damit ganz klar den Trainer kritisiert.
«Es gibt einige Entscheidungen, die wir bereits getroffen haben und andere, die wir die nächsten Tage treffen werden», sagte Vereinsboss Josep Maria Bartomeu nach der Schmach des Champions-League-Viertelfinals, ohne den Inhalt dieser Entscheidungen zu nennen. Er kündigte aber Mitteilungen in dieser Woche an. Der 57-Jährige, den Messi während der Diskussionen um einen Gehaltsverzicht in der Corona-Krise indirekt in einer öffentlichen Erklärung angegriffen hatte, steht allerdings selbst schwer in der Kritik.
«Barcelonas Auseinanderfallen ist strukturell, es ist das Resultat eines jahrelangen Versagens auf der Führungsebene, teilweise verschleiert durch eine ökonomische Struktur, die es den Wohlhabenden erlaubt, fürchterliche Entscheidungen zu treffen, ohne echte Konsequenzen dafür tragen zu müssen», urteilte der britische «Guardian».
«Wir müssen definitiv was ändern»
Von den Spielern war nach der desaströsen und nahezu surreal wirkenden Niederlage gegen Bayern wenig zu hören. Der deutsche Nationaltorhüter Marc-André ter Stegen, der in der Halbzeitpause fassungslos am Türrahmen gelehnt hatte, während Messi drinnen sass, meldete sich einen Tag später per Twitter zu Wort. «Es tut mir wirklich leid, was gestern passiert ist», schrieb der 28-Jährige: «Ich bin enttäuscht. Ich will nicht nach Ausreden suchen – weil es keine gibt. Wir müssen definitiv etwas ändern.»
Der Glaube an eine Zukunft mit dieser Mannschaft, die zum Teil einfach auch in die Jahre gekommen ist, ist dahin. Dass der an den FC Bayern ausgeliehene Philippe Coutinho (28) zwei Treffer für die Münchner erzielte, der ehemalige Bayern-Profi Arturo Vidal (33) beim FC Barcelona nur durch grosse Sprüche vor dem Spiel auf sich aufmerksam machte, passte ins Bild. Bayern setzt auf Personal mit Zukunft, Barcelona bediente sich in der Vergangenheit. Was die Zukunft bringt, hängt von den Entscheidungen der kommenden Tage ab.
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DPA
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