«Bald hol ich mir eine Villa, mit circa 23 Zimmern»
Heute erscheint Loredanas erstes Album «King Lori». Die Kritik.
Es ist eine uralte These: Jegliche Art der Berichterstattung ist der Popularität förderlich, selbst die negativste. Wer daran bisher gezweifelt hat, den wird die Causa Loredana ins Grübeln bringen. Trotz der Negativschlagzeilen, welche die Frau aus Emmenbrücke in den letzten Monaten produziert hat, kann Loredana mit Streamingzahlen aufwarten, die sich im Bereich von Stars wie Lana Del Rey oder Madonna bewegen.
Und das mit Liedern, deren einzige Daseinsberechtigung darin zu bestehen scheint, den eigenen Reichtum zu beschwören. So veröffentlichte sie kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe wegen Betrugs und Erpressung ein Lied mit der munteren Zeile: «Ich kauf dein Haus, kauf deine Frau und kauf dich mit …», und durch ihre Videos wirbelten Geldscheine, Designerklamotten und andere kostenintensive Konsumgüter.
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«Genick», ein Song aus dem Album. Video: Youtube
Heute ist das erste Album «King Lori» von Loredana erschienen – ausgerechnet beim Vertrieb Groove Attack, der seit einer Recherche der ARD unter Verdacht steht, besonders viele Künstler mit frisierten Streaming-Quoten zu beschäftigen. Und die Vorab-Singles haben bereits wieder Zuhörerquoten in zweistelliger Millionenhöhe erreicht.
Rein musikalisch ist das nur schwer zu erklären. Zwar sind die zwölf Songs prima produziert, die Beats wurden beim angesagten Essener Studio-Gespann Macloud und Miksu eingekauft und vereinen Wucht und Wärme auf vortreffliche Weise. Und man kann Loredana und ihren Gespielen Mozzik oder Mero attestieren, dass sie in ihrem ganzen Autotune-Wahn sogar einen gewissen Sinn fürs Ohrwurmige entwickelt haben.
Das Hauptaugenmerk liegt auf dem fast schon lustvollen Kultivieren der Reizfigur Loredana: Das Werk beginnt schier versöhnlich mit einer Cloud-Rap-Ballade zu Ehren von Loredanas Tochter. Ein Lied, in dem die Sprechsängerin wonnig erklärt, dass sie den ganzen Popstar-Weg nur wegen ihr beschreite, um dann eben doch in den alten Prahler-Duktus zu verfallen: «Leg mir Steine in den Weg / Alles kein Problem / Ich hab alles schon gesehen / Durch die Brille von Cartier.»
In jeder Zeile findet sich eine trotzige Genugtuung, es geschafft zu haben.
Thematisch bewegt sich alles in derselben poetischen Resonanzblase: Loredana ist berauscht von ihrem Reichtum, den es gegen allerlei Widersacher zu verteidigen gilt. Sie singt über Zunder und Zahlungskraft, sinniert darüber, für welche Personenwagen und Markenartikel sie ihr Geld verprassen könnte, und wie gut sie sich in diesem Kosmos der Wohlstandsverwahrlosung fühlt: «Ich schein so hell / die Hater werden blind / Diamanten auf der Kette und dem Ring / Mein neues Haus wie ein Labyrinth / Ich verdoppel den Gewinn.»
In jeder Zeile findet sich eine trotzige Genugtuung, es geschafft zu haben, und eine fast schon paranoide Selbstvergewisserung der eigenen Imposanz. Und so will auf diesem Album denn auch partout keine Romantik aufkommen: «Irgendwie klappt es doch immer / Will Cash und kein Candle-Light-Dinner / Bald hol ich mir eine Villa / Mit circa 23 Zimmern.»
Loredana ist die Idealbesetzung in einer Zeit, in der das Ich in der virtuellen Welt zum Super-Ich stilisiert wird.
Und wenn sie dann doch einmal Gefühle zeigt, dann endet das Ganze in Rache und Totschlag: «Du hast mir doch versprochen, du lässt mich niemals im Stich / Was hast du dir gedacht? Ich brech dir dein Genick!»
So richtig zur Sympathieträgerin wird Loredana mit diesem Album also nicht. Doch irgendwie ist diese Figur mit ihrem Euch-hab-ichs-gezeigt-Mantra und ihrem übersteigerten Geltungsdrang die Idealbesetzung in einer Zeit, in der das Ich in der virtuellen Welt zum Super-Ich stilisiert wird und in der Menschen depressiv werden, wenn sie sich zu lange die Social-Media-Erfolgsmeldungen der anderen ansehen.
Loredanas Überlebensrezept: Lieber selber sämtliche Kanäle mit Prunk, Protz und Prahlerei fluten, als jemals nachdenklich zu werden.
Loredana: «King Lori» (Groove Attack)
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