Reaktionen zur Attacke auf jüdischen Mann«Solche Angriffe bedrohen uns alle und ein friedliches Zusammenleben»
Nach der lebensgefährlichen Attacke auf einen 50-jährigen Juden mitten in Zürich reagieren Institutionen und Politiker.
Am Samstagabend wurde ein jüdisch-orthodoxer Mann von einem 15-jährigen Jugendlichen Schweizer Nationalität angegriffen und dabei lebensbedrohlich verletzt. Die Polizei schliesst nicht aus, dass es sich um einen antisemitisch motivierten Angriff handelt. Die jüdische Kantonsrätin Sonja Rueff-Frenkel (FDP) bezeichnet das Verbrechen als schockierend.
Obwohl noch nicht klar sei, was genau passierte, gehe die jüdische Gemeinschaft davon aus, dass das Opfer niemanden provoziert habe und beim Vorbeigehen attackiert worden sei. «Es ist extrem erschreckend, dass man auf einer Zürcher Strasse aus dem Nichts heraus abgestochen werden kann, nur weil man als jüdisch erkennbar ist.»
Seit dem Tag des Hamas-Angriffs ist es in Zürich und in der Schweiz immer wieder zu antisemitischen Vorfällen gekommen. «Das ist nun der traurige Höhepunkt.» Belastend sei auch die ständige Schuldumkehr, sagt Rueff-Frenkel. Auch jetzt gebe es auf den sozialen Medien Stimmen, die behaupteten, die Juden müssten sich halt nicht wundern. «Wir befinden uns immer im Verteidigungsmodus, das zermürbt.» Rueff-Frenkel hofft, dass es sich um einen absoluten Einzelfall handelt und die Attacke keine Nachahmungstäter hervorbringt.
«Diese Massnahmen schützen vor Nachahmern»
Der Zürcher Gemeinderat Jehuda Spielman (FDP) kennt das Opfer. Der Zustand des Familienvaters sei stabil, doch er sei noch nicht ausser Lebensgefahr. Spielman war am Sonntagmorgen in der Synagoge. Dort habe man über den Vorfall gesprochen. «Die Menschen sind verängstigt und machen sich Sorgen», sagt Spielman. Er hat jedoch nicht das Gefühl, dass sich das Leben in der jüdischen Gemeinschaft aufgrund dieses Vorfalls langfristig verändern wird. In der jüdischen Welt sei man solche Vorfälle gewohnt. «Es ist zwar gravierend, aber wir werden weiterleben wie bisher.»
Am Sonntag gab das Kommando der Zürcher Stadtpolizei bekannt, dass die Polizei nach Rücksprache mit den verschiedenen jüdischen Institutionen in der Stadt die Sicherheitsmassnahmen verstärkt. Dabei wird die Stadtpolizei von der Kantonspolizei Zürich unterstützt. «Diese Massnahmen geben ein Sicherheitsgefühl zurück und schützen vor Nachahmern», sagt Spielman.
Trotzdem könnten damit Messerangriffe dieser Art wohl nicht verhindert werden. «Mit dieser Gefahr muss man in einer offenen Gesellschaft leben können», so Spielman. Trotzdem fragt er sich: «Unter der Annahme, dass es ein antisemitischer Vorfall war: Wieso hatte dieser Mensch das Gefühl, seine Tat sei angebracht?» Spielman wünscht sich – vor allem in Zusammenhang mit der Debatte rund um den Krieg in Gaza – dass pro-palästinensische aktivistische Kreise künftig aktiv eine Sprache und Symbolik wählen, die sich klarer von antisemitischen Schlagwörter und Slogans scheidet.
«Bis auf weiteres vorsichtig und besonnen verhalten»
Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds, sagte zu «20 Minuten», dass bereits die bestehenden Sicherheitsmassnahmen für jüdische Einrichtungen in Zürich auf einem hohen Niveau gewesen seien. «Da im Moment nur von einem Einzeltäter die Rede ist und dieser auch gefasst werden konnte, gehen wir nicht davon aus, dass wir es mit einer akuten Gefährdung zu tun haben», sagte Kreutner. Er empfiehlt, dass sich die Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft «bis auf weiteres vorsichtig und besonnen verhalten».
Die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus verurteilte in einer Mitteilung die Attacke und sprach von einem Angriff auf die gesamte Zivilgesellschaft. «Solche Angriffe bedrohen uns alle und ein friedliches Zusammenleben.»
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