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Affäre bei Entsorgung und Recycling Zürich
Urs Pauli nimmt die Strafe an und sieht sich trotzdem als Opfer

Urs Pauli nach einer Pressekonferenz im Mai 2017, an der er sich gegen seine Entlassung wehrte.

Mehr als sechs Jahre hat es gedauert von der Anzeige bis zur Anklage.

Im Mai 2017 erschütterte die sogenannte ERZ-Affäre die Zürcher Stadtverwaltung. Urs Pauli, der damalige Direktor der für die Müllentsorgung zuständigen Abteilung Entsorgung und Recycling Zürich (ERZ), wurde per sofort freigestellt. Ein für Zürich unerhörter Vorgang. Der Stadtrat warf Pauli unter anderem vor, dass er sich einen Luxus-BMW als persönlichen Dienstwagen geleistet habe.

Nun erhebt die Zürcher Staatsanwaltschaft Anklage gegen Pauli, und zwar wegen «mehrfacher ungetreuer Amtsführung», «mehrfacher Urkundenfälschung im Amt» und «ungetreuer Geschäftsbesorgung». Dies teilte sie am Mittwoch mit. Pauli habe Dienstfahrzeuge für sich selber genutzt. Er soll eine «schwarze Kasse» geführt haben. Und beim Bau des Logistikzentrums Hagenholz habe er Rechnungen falsch verbucht, um Kostenüberschreitungen zu vertuschen.

Damit bestätigt die Staatsanwaltschaft zentrale Vorwürfe des Stadtrats. Für die Vergehen fordert sie eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten sowie eine unbedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen.

Urs Pauli hat laut Staatsanwaltschaft den «Sachverhalt eingestanden». Dies bestätigt dessen Anwalt in einer Medienmitteilung: Pauli akzeptiere die beiden Strafen. Darum wird die Sache in einem abgekürzten Gerichtsverfahren erledigt.

Ein solches Verfahren ist möglich, wenn der Beschuldigte geständig ist, Staatsanwaltschaft und Verteidigung sich auf eine Strafe einigen und diese nicht über fünf Jahre dauert. Die Parteien legen dem Gericht dann einen Urteilsvorschlag zur Anerkennung vor; Plädoyers entfallen. In der Regel akzeptieren die Gerichte die Urteilsvorschläge, daran gebunden sind sie aber nicht.

Pauli: Nutzen für die Stadt war grösser

Trotz Strafanerkennung sieht sich der heute 64-Jährige weiterhin als Opfer der Politik, als das er sich bereits in früheren Interviews darstellte. In der aktuellen Medienmitteilung schreibt sein Anwalt Ueli Vogel-Etienne, dass Pauli einen «maroden und hoch verschuldeten Betrieb saniert» habe. Wer das tue, dürfe nicht zaudern. Der im Jahr 2017 verantwortliche Stadtrat Filippo Leutenegger (FDP) habe den «erfolgreichen Sanierer Pauli» wegen Fragen aus dem Gemeinderat loswerden wollen.

Die Stadt Zürich liess die «ERZ-Affäre» in mehreren Untersuchungen aufarbeiten. Laut Paulis Anwalt haben diese «nichts Neues ergeben», aber die Steuerzahler Hunderttausende von Franken gekostet. Der Stadtrat erwähne nie, dass das sanierte ERZ Millionengewinne erwirtschafte. «Und dass sich Urs Pauli persönlich bereichert habe, hat gar nie jemand behauptet», schreibt der Anwalt. Zudem hätten sich «zahlreiche Vorwürfe» gegen Pauli als «strafrechtlich irrelevant» erwiesen.

Stadtrat Filippo Leutenegger (FDP) entliess Urs Pauli vor sechs Jahren. Heute steht er dem Schul- und Sportdepartement vor.

Der Gemeinderat durchleuchtete die «ERZ-Affäre» mit einer speziell gebildeten parlamentarischen Untersuchungskommission. Diese kam zum Schluss, dass sich ERZ unter der Leitung von Urs Pauli und dessen Vorgänger immer stärker der Kontrolle durch die Stadt entzog. Eine Mitschuld ortete die PUK auch bei den drei zuständigen Stadträten Martin Waser (SP), Ruth Genner (Grüne) und Filippo Leutenegger (FDP). Sie seien gutgläubig gewesen und hätten den ERZ-Chefs falsche Signale gesendet.

Weitere ERZ-Mitarbeiter bestraft

Im Rahmen der «ERZ-Affäre» führte die Staatsanwaltschaft mehrere Verfahren gegen weitere ehemalige Kadermitarbeiter von ERZ durch. Ein ehemaliges Geschäftsleitungsmitglied bestrafte sie im April 2023 wegen mehrfacher Urkundenfälschung mit einem Strafbefehl. Zwei weitere Kadermitarbeiter erhielten bereits 2020 einen Strafbefehl wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung. In einem Verfahren wegen Bestechung ist die Staatsanwaltschaft nach wie vor am Ermitteln. Zwei Verfahren hat sie hingegen eingestellt.

Offen ist auch, ob und wie viel Geld Urs Pauli an die Stadt Zürich zurückzahlen muss. Gemäss Staatsanwaltschaft anerkenne dieser «dem Grundsatz nach» die finanziellen Ansprüche der Stadt. Diese werden derzeit in einem separaten zivilrechtlichen Verfahren geklärt. Das zuständige Tiefbau- und Entsorgungsdepartement, das sich seit 2022 unter der Leitung von Simone Brander (SP) befindet, macht keine weiteren Angaben dazu.

Bezüglich der Anklage durch die Staatsanwaltschaft sagt Departementssekretärin Alexandra Heeb: Die Stadt sei froh, dass die Untersuchung einen entscheidenden Schritt weiter sei.