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Schwere Vorwürfe gegen Ballettschule Basel
Abgemagert ins Spital

Einblick in die Ballettschule des Basler Theaters. Hier beim Proben im Tanzsaal.

Demütigungen, Ermüdungsbrüche, Essstörungen oder anzügliches Verhalten gewisser Lehrer gegenüber den Ballettschülerinnen: Wie die «NZZ am Sonntag» und «Bajour» berichten, hätten an der Ballettschule Theaters Basel (BTB) in einem Zeitraum von mindestens zehn Jahren «schwerwiegende Missstände» geherrscht.

Die beiden Medien machen ihre Vorwürfe an den Aussagen von ehemaligen Tänzerinnen und Tänzern fest, die sich in Basel zur Bühnentänzerin oder zum Bühnentänzer mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis haben ausbilden lassen.

Beispielsweise habe ein Lehrer eine Tänzerin «oft» ins Bein gekniffen und sie auf den Fettanteil hingewiesen, der zu hoch sei. Sie müsse aufhören zu essen, um es im Ballett zu etwas zu bringen. Ein Apfel und ein Joghurt pro Tag müssten genügen, habe der Tanzlehrer gesagt.

Die meisten Frauen hätten während der Ausbildung keine Menstruation gehabt. 

Einigen sei aufgrund ihrer Figur die Teilnahme an Aufführungen oder Pas-de-deux-Trainings verweigert worden – die Tänzer würden sonst «unter ihnen zusammenbrechen». Eine andere Schülerin sei sogar völlig abgemagert ins Spital eingeliefert und an eine Sonde angeschlossen worden. Ebenso berichten die «NZZ am Sonntag» und «Bajour», dass die meisten Frauen während der Ausbildung an der Ballettschule des Theaters Basel keine Menstruation gehabt hätten – häufig ein Zeichen für eine ernsthafte Mangelernährung.

Die Tänzerinnen nannten gegenüber den beiden Medien auch anzügliche Bemerkungen, die gefallen sein sollen. Etwa: «Du bist jetzt eine Frau, du musst so tanzen, dass ich dich ficken möchte.»

Die Methoden, mit welchen an der BTB die teilweise unter 16-Jährigen unterrichtet worden seien, hätten laut dem Medienbericht eigentlich auffallen müssen. Doch weder Eltern, Lehrer, Ärzte, Physiotherapeuten, Musiker noch die Betreuerin des Wohnhauses hätten Alarm geschlagen. Wohl weil wie bei allen Systemen die Gründe komplex seien und es um Abhängigkeiten und Jobs gehe, schreiben die beiden Medien. Ebenso hätten die Behörden in ihrer Aufsichtsrolle versagt.

Die Medien haben Amanda Bennett, Leiterin der BTB seit 21 Jahren, und Ausbildnerin Julie Wherlock sowie Verwaltungsrat Wolfgang Kirchmayr mit den Vorwürfen konfrontiert. Die drei hätten im persönlichen Gespräch alles dementiert. Auch wenn man sie mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert habe, hätten sie kaum Reaktionen gezeigt.

«Erschüttert über die Vorwürfe»

In einer E-Mail gegenüber den Redaktionen habe Bennett drei Tage später präzisiert: «Ich bin erschüttert über die Vorwürfe. Die Zitate und Aussagen widerspiegeln nicht die Realität der BTB-Ethik.» Im Jahr 2015, so Bennett, sei ein Lehrer entlassen worden, weil er Regeln und Richtlinien missachtet habe. Die BTB ist, anders als das Theater Basel, dem Erziehungsdepartement unterstellt. Dort war man offenbar zumindest teilweise über die Vorwürfe im Bild, es haben Gespräche stattgefunden.

Die Vorwürfe gegen die BTB sind kein trauriger Einzelfall. Neben der Basler Schule ist die Tanz-Akademie in Zürich (TAZ) die zweite Ausbildungsstätte, an der man in der Schweiz die Lehre zum Bühnentänzer oder zur Bühnentänzerin absolvieren kann. Auch in Zürich soll laut Berichten ein Klima von Angst, Beleidigungen und Erniedrigung geherrscht haben. Das dortige Leitungsteam ist mittlerweile suspendiert.