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Neue Klimastudie 
370 Klimatote in der Schweiz im Jahr 2022 – Forscher drängen auf Aktionspläne

90 Prozent aller hitzebedingten Todesfälle betreffen über 65-jährige Menschen – Frauen sind aber besonders stark gefährdet. 
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Es war ein extremer Hitzesommer. Über 600 Menschen sind zwischen Juni und August 2022 in der Schweiz an den Folgen der ungewöhnlich heissen Bedingungen gestorben. Das sind rund 3,5 Prozent aller Todesfälle in dieser Zeitperiode – und dreimal mehr Hitzetote als durchschnittlich in den Jahren 2009 bis 2017.  Das zeigt die eben veröffentlichte Studie in der Fachzeitschrift «Environmental Research Letters».

Das Besondere an dieser Untersuchung ist jedoch: Die Forschenden der Universität Bern, der ETH Zürich und des Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Instituts Basel konnten beziffern, wie stark der vom Menschen verursachte Klimawandel bei der Gesundheitsbelastung mitverantwortlich war. Das Fazit: Schätzungsweise 60 Prozent der Hitzetodesfälle, also mehr als 370 Menschen, hätten ohne die zusätzliche Erwärmung überleben können, wie die Autorenschaft in der Studie schreibt.

Der europäische Sommer 2022 war durch mehrere Hitzewellen geprägt. In der Schweiz waren die Tagestemperaturen im Durchschnitt 2,3 Grad höher als das langjährige Mittel von 1991 bis 2017. Es regnete ungewöhnlich wenig, und der ausgetrocknete Boden verstärkte die Hitze zusätzlich. Die Monate Juni bis August 2022 waren nach 2003 die wärmsten, seit die Temperatur in der Schweiz gemessen wird. In Genf und Basel zum Beispiel wurden 2022 durchschnittliche Tageshöchstwerte von 28,7 Grad gemessen. In Genf war es an 41 Tagen über 30 Grad warm.

Die Forschenden verwendeten für die Untersuchung unter anderem Daten zur Sterblichkeit in der Schweiz von 1990 bis 2017 und räumlich hochaufgelöste Temperaturdaten von Meteo Schweiz. Sie verarbeiteten die Daten mithilfe etablierter statistischer Methoden und Klimasimulationen, um das erhöhte Sterblichkeitsrisiko durch Hitze zu berechnen und Aussagen zu regionalen Unterschieden sowie zum Einfluss des Klimawandels zu machen.

Die Resultate zeigen: Urbane Kantone wie etwa Genf, Waadt, Basel-Stadt und Zürich waren im Sommer 2022 stärker durch Übersterblichkeit betroffen als ländliche Gebiete. Diese Beobachtung machte das Team der Erstautorin Ana Vicedo-Cabrera vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin und vom Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern bereits in einer früheren Arbeit. Während der wärmsten Tage (Durchschnittstemperatur über 20 Grad) seien in der Schweiz jeweils mehr als 15 Prozent der Verstorbenen Hitzeopfer gewesen, heisst es im Bericht.

«Wie stark Hitze auf ältere Frauen wirkt, hat mich erstaunt.»

Ana Vicedo-Cabrera, Universität Bern

Eine Erkenntnis überraschte die Hauptautorin Ana Vicedo-Cabrera: «Wie stark Hitze auf ältere Frauen wirkt, hat mich erstaunt.» Es sei zwar bekannt, dass Frauen sensibler auf heisse Umweltbedingungen reagierten, aber der Effekt in der Studie sei sehr auffällig. Generell betrafen etwa 90 Prozent aller hitzebedingten Todesfälle über 65-jährige Menschen. Die Sterblichkeitsrate war jedoch bei älteren Frauen in allen Altersklassen die höchste. Warum das so ist, ist laut der Berner Forscherin wissenschaftlich noch nicht geklärt.

So informiert die Stadt Bern während extrem heisser Tage. 

Für die Forschenden der Studie ist die Untersuchung eine Warnung. Der Klimawandel sei bei mehr als der Hälfte der Hitzetoten die Hauptursache. Ehrgeiziger Klimaschutz und Anpassungsmassnahmen seien dringend. Ohne sie sei zu erwarten, dass Sommer wie 2022 in Zukunft nicht mehr zu den heissesten, sondern zu den kühlsten gehören. «Alle Kantone sollten Aktionspläne erarbeiten, um die Menschen, die besonders durch Hitze betroffen sind, zu schützen», sagt Ana Vicedo-Cabrera.

Dazu gehörten zum Beispiel auch Massnahmen, um Städte im Sommer zu kühlen. In Basel und Zürich etwa gebe es keine systematische und umfassende Strategie des öffentlichen Gesundheitswesens, heisst es in der Medienmitteilung zur Studie. In der Westschweiz und im Tessin seien hingegen bereits nach dem Hitzesommer 2003 Aktionspläne erarbeitet worden.   Der Bund stellt seit langem Planungshilfen für Gemeinden und Städte zur Verfügung, um eine klimaangepasste Siedlungsentwicklung zu fördern. Er verfasste unter anderem 2018 den Bericht «Hitze in Städten». Zu einem Postulat, das im November letzten Jahre einen koordinierten Aktionsplan fordert, schreibt der Bundesrat: «Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Grundlage ist der Bund nicht in der Lage, die Kantone zur Umsetzung eines nationalen Hitze-Aktionsplans zu verpflichten». 
 

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