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Mutmassliches Martyrium in den USA
Stiefsohn 20 Jahre in Elternhaus eingesperrt und ausgehungert?

Kimberly Sullivan neben ihrem Anwalt Jason Spilka während einer Kautionsanhörung am Donnerstag, 13. März 2025, am Waterbury Superior Court.
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Ein Mann ist im US-Staat Connecticut nach eigenen Angaben über 20 Jahre hinweg von seinem Vater und seiner Stiefmutter eingesperrt und brutal misshandelt worden. Tag und Nacht habe er in einem Zimmer ohne Heizung oder Klimaanlage ausharren müssen, kaum etwas zu Essen bekommen und ständig Hunger gelitten, sagte der heute 32-Jährige laut der Polizei vor Beamten aus.

Mitte Februar gelang es ihm demnach, sich aus dem mutmasslichen Martyrium zu befreien, indem er das Haus in der Stadt Waterbury in Brand steckte. Polizisten und Feuerwehrleuten vertraute sich der völlig abgemagerte Mann dann an.

Begonnen habe seine Gefangenschaft im Alter von etwa elf Jahren, sagte er laut einem Haftbefehl, der gegen seine Stiefmutter erging. Er habe im eigenen Haus nicht auf die Toilette gehen dürfen. Um seine Hinterlassenschaften zu entsorgen, habe er sich einiges einfallen lassen. So habe er mehrere Strohhalme genutzt, über die er seine Körperflüssigkeiten in ein Loch im Fenster gedrückt habe.

Pro Tag habe es nur zwei Sandwiches und zwei kleine Wasserflaschen gegeben, als er in seinem Zimmer eingesperrt gewesen sei. Wegen mangelnder Mundhygiene seien Teile seiner Zähne abgebrochen, wenn er in seine dürftigen Rationen gebissen habe. Mit dem Wasser in den zwei Fläschchen habe er sich ohne Seife gewaschen, die Haare habe er sich selbst geschnitten.

Als er als Kind die Grundschule in Waterbury besucht habe, sei dem Personal aufgefallen, dass er extrem schmächtig und dünn gewesen sei, berichtete Tom Pannone, ein früherer Rektor der Schule, im Gespräch mit dem Sender WVIT-TV. Etliche Male habe man damals die Stiefmutter und das Jugendamt angerufen. Der heute 32-Jährige erklärte, er habe in der Grundschule Kameraden um Essen gebeten, Lebensmittel gestohlen und in der Mülltonne nach Essbarem gesucht.

Waterburys Polizeichef Fernando Spagnolo sagte, zuletzt habe die Polizei 2005 Kontakt mit der Familie gehabt. Einmal hätten Beamte nach dem Rechten gesehen, nachdem seine Kameraden, mit denen er vor seinem Verschwinden zur Schule gegangen sei, sich Sorgen um ihn gemacht hätten. Dann seien Polizisten ein zweites und letzte Mal zum Haus des damaligen Jungen gegangen, als seine Familie eine Beschwerde gegen das Schulpersonal eingereicht habe, weil es zuvor das Jugendamt alarmiert habe, erklärte Spagnolo.

Die Beamten hätten erst mit dem Vater und dann mit dem Kind gesprochen und letztlich gemeldet, dass es keinen Anlass zur Sorge gebe. Die Polizei prüft nach eigenen Angaben nun, ob doch Warnzeichen in dem Fall missachtet wurden.

Gegen die 56-jährige Stiefmutter erging Haftbefehl wegen Entführung, Grausamkeit gegenüber Menschen und anderen Vorwürfen. Der Vater des Mannes starb nach Behördenangaben erst im vergangenen Jahr, seine biologische Mutter spielte in seinem Leben demnach keine Rolle.

Die Stiefmutter erschien nach ihrer Festnahme am Mittwoch tags darauf vor Gericht, kam aber nach Hinterlegung einer Kaution von 300.000 Dollar (rund 264.553 Franken) vorläufig auf freien Fuss, wie ihr Anwalt Ioannis Kaloidis mitteilte. Ihr nächster Gerichtstermin ist für Ende März geplant. Sie weist die Vorwürfe zurück. Anwalt Kaloidis warnte vor voreiligen Schlüssen «Für die Frau gilt die Unschuldsvermutung», betonte er.

DPA/swa