Unfall mit Lastwagen in Rüschlikon«Er ist in meinen Armen gestorben»
Die einzige Augenzeugin trauert um den 32-jährigen Lastwagenfahrer, der am Donnerstag unter einer umgekippten Strassenlaterne das Leben verlor.

Alexandra Moser (Name geändert) legt am Freitagmittag an der Eggstrasse in Rüschlikon Blumen nieder. Dazu stellt sie ein Kerzchen. «Es ist so tragisch, was hier passiert ist», sagt sie mit leiser Stimme. Die 58-jährige Adliswilerin, die anonym bleiben möchte, ist zurückgekehrt an den Ort, wo sie genau 24 Stunden zuvor Zeugin eines tragischen Unfalls wurde.
Am Donnerstag hatte hier ein 32-jähriger Mann seinen Lastwagen mit Anhänger am Strassenrand parkiert. Er verliess das Fahrzeug. «Es schien, als wollte er irgendetwas an einem Pneu kontrollieren», schildert Alexandra Moser. Sie wollte in jenem Moment mit ihrem Auto am Lastwagen vorbeifahren. Doch just dann geriet dieser auf der abschüssigen Eggstrasse ins Rollen.
Moser erzählt: «Der Mann sprang dann zurück auf das Trittbrett. Er hätte es wahrscheinlich geschafft, den Lastwagen zu stoppen.» Doch der LKW kollidierte mit einer Strassenlaterne. Den Lenker «hat es auf die Strasse geschleudert». Während das Fahrzeug weiterfuhr, stürzte die beschädigte Laterne direkt auf den 32-Jährigen hinab. Der LKW prallte in einen Erdwall.
Die einzige Augenzeugin eilte sofort zum Verunfallten. «Ich habe ihn gestreichelt, ihm zugeredet, doch er war nicht mehr ansprechbar – er ist in meinen Armen verstorben.»
Opfer arbeitete bei Swisspor
Das Unglück beschäftigt die Adliswilerin stark. «Ich habe extrem damit zu kämpfen», sagt sie und blickt ins Leere. Und doch sei sie froh, dass sie dem jungen Mann beistehen konnte.
Beim Opfer handelt es sich um einen Mitarbeiter der Firma Swisspor mit Hauptsitz im zugerischen Steinhausen. Die Firma stellt Abdichtungsmaterial zum Isolieren von Gebäuden her. Zur Auslieferung ihrer Produkte besitzt sie über 70 Lastwagen.
«Mit grosser Bestürzung haben wir von dem tragischen Verkehrsunfall in Rüschlikon Kenntnis genommen», teilt eine Mediensprecherin mit. Zur Person und zu den Umständen des Unfalls äussert sich Swisspor aus Respekt vor der Privatsphäre des Verstorbenen nicht. Bei der Unfalluntersuchung unterstütze man die Behörden «nach Kräften».
Bäume ersetzten Parkplatz
Weshalb der junge Chauffeur an der Rüeschliker Eggstrasse angehalten hatte, darüber kann also nur spekuliert werden. Klar ist aber, dass der Ort vielen Camionneuren bekannt ist. Hier an der Kreuzung Egg-/Ghei-/Rifertstrasse nahe der Autobahn befand sich bis letzten Dezember ein LKW-Parkplatz.
Alexandra Moser weiss: «Diesen haben viele Lastwagenfahrer für ihre Mittagspause genutzt.» In den letzten Monaten hat die Gemeinde Rüschlikon diesen Parkplatz auf der anderen Seite der Kreuzung jedoch aufgehoben. Der Asphalt wurde entfernt, just diese Woche haben Gärtner Wildsträucher und Obstbäume gepflanzt.

Auch ein älterer Spaziergänger, der vorbeikommt und bei Mosers Blumen stehen bleibt, zeigt sich betroffen. Gleichzeitig ärgert er sich. «Dieser Parkplatz war wichtig», sagt er. Denn die LKW-Fahrer hätten hier ihre Anhänger jeweils abgekuppelt und vorübergehend stehen gelassen. «So waren sie wendiger, wenn sie in der Stadt oder in der Gegend Waren ausliefern mussten.» Weshalb der Parkplatz plötzlich aufgehoben wurde, verstehe er nicht.
Der zuständige Rüeschliker Gemeinderat Urs Keim (parteilos) bedauert den tragischen Unfall. Er erklärt: «Der betroffene Strassenstummel mit dem Längsparkplatz für Lastwagen und Autos war schlichtweg überdimensioniert.» Es sei bei diesem Projekt nicht darum gegangen, Parkplätze loszuwerden, sondern der Natur etwas zurückzugeben und die Biodiversität zu fördern. «Grünflächen statt Asphalt», sagt Keim.

Der Infrastrukturvorsteher betont, dass trotz der Umgestaltung noch immer Platz zum Parkieren bestehe. Entlang der Eggstrasse – genau dort, wo der Verunfallte angehalten hatte – dürfen Autos und Lastwagen nämlich für bis zu vier Stunden abgestellt werden. Ein Schild am Strassenanfang deute darauf hin.
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