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Interview mit Kantonsräten vom See
So wollen Politiker ihre Arbeit jungen Menschen näherbringen

Vier Kantonsräte vom Zürichsee diskutieren mit Gymischülerinnen über das Interesse von Jugendlichen an der Politik.
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Eine Umfrage von Easyvote aus dem Jahr 2017 hat ergeben, dass junge Erwachsene durchaus politisch interessiert sind. Trotzdem machen nur wenige von ihrem Wahl- und Abstimmungsrecht Gebrauch. Mit dem Alter nimmt die Stimmbeteiligung aber deutlich zu. Dieses Verhalten zu begründen versuchen vier Kantonsräte vom Zürichsee: Tobias Mani (EVP), Nina Fehr Düsel (SVP), Edith Häusler (Grüne) und Gabriel Mäder (GLP).

Ist Politik für junge Leute vielleicht einfach zu kompliziert?

Nina Fehr Düsel: Manche Vorlagen sind tatsächlich sehr kompliziert. Selbst ich muss einige mehrmals lesen, um sie wirklich zu verstehen. Natürlich hat das einen Einfluss auf das Stimmverhalten der Jungen.

Edith Häusler: Das soll und darf kein Grund sein für irgendjemanden, sich politisch nicht zu beteiligen. Es liegt an uns Politikern, die Texte für alle verständlich zu formulieren.

Tobias Mani: Ich denke, die Betroffenheit spielt eine wichtige Rolle. Es fällt den Jungen viel leichter, sich mit Corona auseinanderzusetzen und sich eine politische Meinung zu bilden als mit anderen Themen, die ihnen fremder sind.

Nina Fehr Düsel.

«Ich finde die Idee, dass das Milizamt als Bürgerdienst angerechnet werden kann, gar nicht so schlecht.»

Nina Fehr Düsel (SVP)

Was könnte die Politik verändern, um für Junge attraktiver zu werden?

Edith Häusler: Das Ziel muss sein, dass man junge engagierte Leute über Themen, die sie interessieren und bewegen, in die Politik einbindet.

Nina Fehr Düsel: Durch die Art, wie wir unsere Anlässe durchführen, locken wir zu wenige Junge an. Wir müssen versuchen, sie attraktiver und moderner zu gestalten. Allgemein fehlt vielleicht auch der Anreiz, sich politisch zu engagieren. Daher finde ich die Idee des Dachverbandes Schweizer Jugendparlamente, dass das Milizamt als Bürgerdienst angerechnet werden kann, gar nicht so schlecht.

Gabriel Mäder.

«Wenn ich nicht ins Schwimmbad gehen darf, habe ich auch keine Lust, schwimmen zu lernen.»

Gabriel Mäder (GLP)

Könnte die Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre mehr junge Leute dazu animieren, sich politisch zu engagieren?

Edith Häusler: Ich denke, es ist egal, ob die Person 16 oder 18 ist, solange Interesse vorhanden ist. Daher bin ich für das Stimmrechtsalter von 16 Jahren.

Nina Fehr Düsel: Ich bin tendenziell gegen die Senkung des Stimmrechtsalters. Junge Menschen können sich auch so vor ihrem 18. Geburtstag schon mit Politik befassen. Für mich macht es einen Unterschied, ob jemand 16 oder 18 ist. Autofahren zum Beispiel ist ja auch erst ab 18, und mit 16 fällt man noch unter das Jugendstrafrecht. 

Gabriel Mäder: Ich sehe das anders. Ich setze mich sehr für das Stimmrechtsalter 16 ein. Wenn ich nicht ins Schwimmbad gehen darf, habe ich auch keine Lust, schwimmen zu lernen. Die Jugendlichen sollten das im Unterricht Gelernte anwenden können. Ansonsten verlieren sie die Motivation, sich privat mit Politik auseinanderzusetzen.

Tobias Mani: Ich bin ebenfalls dafür, dass man mit 16 abstimmen gehen kann. Aber ich bin dagegen, auch das passive Wahlrecht zu senken. Es wäre komisch, wenn ein 16-Jähriger schon Stadtpräsident von Wädenswil ist, aber gleichzeitig noch nicht mal seinen eigenen Lehrvertrag unterzeichnen darf.

Tobias Mani.

«Ich empfinde 16-jährige Leute als sehr selbstbewusst.»

Tobias Mani (EVP)

Mit welchen Folgen müsste man bei einer Senkung des Stimmrechtsalters rechnen?

Edith Häusler: Das Beste, was passieren könnte, wäre, wenn tatsächlich mehr junge Leute an die Urne gehen würden.

Gabriel Mäder: Genau. Ich bin überzeugt, dass je früher man in die Politik einsteigt, desto länger und intensiver setzt man sich mit ihr auseinander.

Tobias Mani: Ich habe keine Bedenken, dass die Stimmbevölkerung dadurch besser oder schlechter entscheiden würde. Ein häufiges Argument ist, dass die Eltern die 16- oder 17-Jährigen beeinflussen könnten. Ich empfinde Leute in diesem Alter jedoch als sehr selbstbewusst. Ausserdem kann es auch bei Paaren der Fall sein, dass der Partner oder die Partnerin mitredet, wie man abstimmen soll.

Edith Häusler.

«Ich ermutige Eltern, mehr Themen am Familientisch anzusprechen und Fragen nicht auszuweichen.»

Edith Häusler (Grüne)

Macht es Sinn, dass Minderjährige über Themen abstimmen, die sie noch kaum betreffen?

Nina Fehr Düsel: Wenn man das Stimmrechtsalter tatsächlich runtersetzen würde, dann sollten Jugendliche bei allen Themen mitbestimmen können. Sonst würde es viel zu kompliziert.

Gabriel Mäder: Ich habe zwar graue Haare, aber ich bin noch nicht pensioniert und stimme trotzdem über AHV-Umfragen und -Vorlagen ab. Das ist also kein Problem. 

Trauen Sie einem 16-jährigen Kind zu, über wichtige politische Themen abzustimmen?

Edith Häusler: Selbstverständlich. Darum ermutige ich Eltern, mehr Themen am Familientisch anzusprechen und Fragen nicht auszuweichen. Gerade aktuelle Themen wie Klimakrise oder Angriffskrieg auf die Ukraine sollten besprochen werden.

Tobias Mani: Jugendliche haben immer wieder bewiesen, dass sie sich erfolgreich mit und für politische Anliegen auseinander- respektive einsetzen. Als auf dem Zürichsee der Schiffsfünfliber eingeführt wurde, setzten sich Schüler von der Kantonsschule Küsnacht dagegen ein, da das Schiff Teil ihres Schulweges war. So zahlten sie aus Protest den gesamten Zuschlag nur mit Fünfräpplern und machten nicht nur die Medien auf sich aufmerksam, sondern bewirkten auch dessen Abschaffung.

Wie war das bei Ihnen, als Sie 18-jährig waren? Haben Sie sich von Anfang an politisch engagiert, und sind Sie immer abstimmen gegangen?

Edith Häusler: Ja, definitiv. Ich ging immer abstimmen und war häufig an Demonstrationen. Mich hat die soziale Ungerechtigkeit und Differenz schon früh beschäftigt, da ich die 80er-Krawalle miterlebt habe.

Tobias Mani: Mein Vater war politisch sehr aktiv, dadurch habe ich von zu Hause aus mitbekommen, dass man wählen geht. Ich bin damit als eine Art Bürgerpflicht aufgewachsen. 

Gabriel Mäder: Mich hat die Drogenpolitik der 90er-Jahre in Zürich geprägt und politisiert.

Nina Fehr Düsel: Daran kann ich mich auch noch erinnern, da ich als Kind immer Angst hatte, nach Zürich zu gehen. Es hiess, dass dort überall Spritzen rumliegen.