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Neuartiges Krankheitsbild
«Werwolf-Syndrom» auch bei Hunden in der Schweiz entdeckt – Spur führt nach China

Hunde mit dem «Werwolf-Syndrom» sind sehr reizempfindlich und verängstigt. (Symbolbild)
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In Kürze:
  • Bei dem neuartigen neurologischen Phänomen, «Werwolf-Syndrom» genannt, werden auch brave Hunde plötzlich sehr reizbar.
  • Eine mögliche Ursache könnten unbekannte Toxine in Rinder-Kauknochen sein.
  • Ein Online-Händler hat bereits reagiert und vorsorglich Produkte aus dem Sortiment entfernt.
  • Die Symptome sind behandelbar und verschwinden meist nach einigen Tagen oder Wochen wieder.

Der ansonsten unauffällige Hund beginnt plötzlich gehetzt herumzurennen, jault oder bellt, ist sehr reizempfindlich, in manchen Fällen folgt gar ein epileptischer Anfall: Ein neuartiges neurologisches Problem bei Vierbeinern gibt deren Besitzern und Tierärztinnen Rätsel auf.

Das sogenannte Werwolf-Syndrom wurde in den letzten Monaten bei Vierbeinern in halb Europa beobachtet, entsprechende Meldungen häufen sich.

Fälle in Bern, Zürich und im Aargau

Auch in der Schweiz kennt man das Phänomen. «Wir haben es mit einem neuen Krankheitsbild zu tun, das zu schweren Anfällen führt. Allerdings sind verhältnismässig wenige Tiere betroffen», erklärt Arianna Maiolini, Tierneurologin an der Kleintierklinik der Uni Bern, in einem Bericht der «Aargauer Zeitung». Es handle sich um akute Panikattacken, die man bekannten Krankheitsbildern wie der Epilepsie nicht zuordnen könne.

Gemäss dem Zeitungsbericht wurden Hunde mit dem «Werwolf-Syndrom» auch schon in Tierkliniken in Zürich, Feusisberg SZ und im Aargau behandelt. Zwar seien die Anzahl Fälle pro Klinik gering. Auffällig sei jedoch, dass sie über das ganze Land verteilt seien, heisst es.

Umfrage gestartet

Um dem Phänomen auf den Grund zu gehen, hat die Tierärztliche Hochschule Hannover (Tiho) mit Forschenden aus München eine Studie lanciert. Diese umfasst auch eine Umfrage via Internet, bei der betroffene Hundehalterinnen und Hundehalter – auch solche aus der Schweiz – Verhaltensauffälligkeiten melden können.

Tiho-Tiermedizinerin Nina Meyerhoff vermutet, dass die Symptome von einer Vergiftung herrühren. Genauer: von derzeit noch unbekannten Toxinen in bestimmten Rinder-Kauknochen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass auch andere Produkte betroffen seien, sagt die Forscherin gegenüber der Nachrichtenagentur DPA.

Klar sei, dass es sich um ein europaweites Problem handelt – und dass es weiterhin andauert. «Aus Frankreich wurden gerade erst neue Fälle gemeldet.»

Erste Rückrufe in Europa

In Finnland, den Niederlanden und Dänemark gab es bereits Rückrufe für bestimmte Produkte verschiedener Marken.

Die niederländische Lebensmittel- und Warenaufsichtsbehörde zum Beispiel warnte vor bestimmten Kauknochen der Marke Barkoo. Sie seien im Land durch Online-Shops des Unternehmens Zooplus vertrieben worden, teilte die Behörde zum Jahresende mit. Die Kauknochen stünden im Verdacht, schwere neurologische Störungen bei Hunden zu verursachen, die Untersuchungen dazu liefen.

Kauknochen der Marke Barkoo waren auch in der Schweiz bei Zooplus erhältlich. Laut «Aargauer Zeitung» hat das Unternehmen entsprechende Produkte aber Ende 2024 vorsorglich aus dem Sortiment genommen. Gleichzeitig habe Zooplus Labors damit beauftragt, die Produkte zu untersuchen.

In Dänemark rief der Hersteller Chrisco kürzlich vorsorglich bestimmte Kauprodukte für Hunde zurück, die in verschiedenen Märkten im ganzen Land verkauft worden seien. Hintergrund seien Berichte über Verhaltensänderungen bei Hunden, die die Produkte frassen, hiess es.

Auffällige Häufung seit August

In Deutschland seien seit Ende August vermehrt Fälle von Hunden bekannt geworden, die schwere akute neurologische Symptome zeigten, erklärt Tiermedizinerin Meyerhoff. Da solche Störungen auch auf andere Ursachen wie Schlaganfall, Gehirnentzündung oder Hirntumor zurückgehen könnten, sei jeweils eine neurologische Abklärung zur Ausschlussdiagnose nötig.

Hundehalter, die feststellen, dass es ihrem Vierbeiner nicht gut geht, sollten zunächst eine Tierarztpraxis aufsuchen.

(Lesen Sie hier, was Forschende kürzlich zur optischen Ähnlichkeit von Hunden und ihren Haltern herausgefunden haben.)

Ein Hund beobachtet Athleten bei der IRONMAN 70.3 Ohio in Sandusky, Eries, während des Radrennens am 21. Juli 2024.

Mit welchem Toxin die Produkte verunreinigt sind und auf welchem Weg es in die Futtermittel gelangte, ist bisher noch unklar, wie Meyerhoff sagte. Die Laboranalysen liefen noch. Zumindest für einige Produkte gebe es eine Verbindung zu einem Produzenten in China, der womöglich verschiedene weitere Hersteller mit Rohmaterial wie Rinderhaut belieferte.

Kein tödlicher Verlauf

Tödlich verlaufen die Erkrankungen der Tiho-Medizinerin zufolge nicht, die Symptome verschwänden nach einigen Tagen bis Wochen. Bei extrem erregten Tieren würden zeitweise stark sedierende und angstlösende Medikamente verabreicht.

Anfangs, als noch nichts über den Verlauf bekannt war, seien in Europa vereinzelt auch Hunde aus Sicherheitsgründen oder wegen sehr starker Symptome eingeschläfert worden.

Begriff aus der Humanmedizin

Der Begriff «Werwolf-Syndrom» für die Auffälligkeiten bei Hunden wird umgangssprachlich verwendet – weil die Hunde nach Angaben der Besitzer oft heulen wie ein Wolf – und ist kein tierärztlicher Fachbegriff. In der Humanmedizin wird damit vielmehr ein auch Hypertrichose genanntes Symptom bezeichnet: eine über das übliche Mass hinausgehende Behaarung, zum Beispiel im gesamten Gesicht.

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DPA/bor