K.T. Geier ist tot
Der Jazzmusiker «K.T.» war eine Ein-Mann-Institution. Von theoretischen Erwägungen hielt er nicht viel: Spiel, oder lass es bleiben, war seine Losung.
Es waren die Zeiten, als viele Jazzmusiker hierzulande noch ohne akademischen Rucksack auskamen, als man vielleicht an einer Universität oder technischen Hochschule, nicht eigentlich aber Jazz studierte – und doch wollten diese Jung-Akademiker und Jung-Musizierenden vor allem Jazz spielen, in diesem Feld weiterkommen. Und lange hiess da die erste Lern-Adresse im Grossraum Zürich: Karl Theodor Geier. Kurz: «K.T.»
Die halbe heutige Deutschschweizer Jazzszene war seit den 70ern bei K.T. Geier in Workshops, wöchentlich stiegen seine Eleven mittwochs oder donnerstags die Treppen hinunter in den «Bazillus»-Club an der Ausstellungsstrasse beim Zürcher Hauptbahnhof. Unten umfing einen die Dunkelheit eines Jazzkellers. Und auch der swingende Kontrabass von K.T. Geier, der von seinem Instrument aus jahrzehntelang seine Workshops dirigierte.

Ein Learning by doing war es: Geier hielt nicht viel von theoretischen Erwägungen. Spiel, oder lass es bleiben, könnte seine Losung geheissen haben. Und genauso, wie man ganz praktisch Benny Golsons «Stablemates» oder Horace Silvers «Song for My Father» spielte, regte K.T. Geier in seinen Workshops unzählige, später bekannt gewordene Schweizer Musiker an: Heinz Geisser, Elmar Kluth, Matthias Ziegler, Bernhard Schoch und viele andere mehr. Bis in die jüngsten Tage auch nachstossende Musiker der jüngsten Generation wie den Pianisten Javier Leutenegger oder den Drummer Samir Böhringer.
Ein Belesener
K.T.: eine Zürcher Ein-Mann-Institution. Seine Schüler wussten, wen sie vor sich hatten. Der 1932 in Köln geborene Musiker hatte US-Musiker wie Chet Baker oder Dexter Gordon begleitet, arbeitete seit den 60ern in der Schweiz, musizierte mit der Elite des Schweizer Jazz wie George Gruntz, hatte bei der DRS-Bigband zehn Jahre die Basssaiten gezupft.
Und wenn er seine Workshops damit beendete, dass er noch in die Beiz wollte, dann begann K.T. Geier zu sprechen. Er schöpfte aus dem Anekdotenschatz seines Jazz-Erlebten: Und es war manchmal, als würde man eine helvetisch-deutsche Variante des berühmten Amerikaners Nat Shapiro hören, der im Buch «Hear me talkin'to ya» aus dem Leben der US-Jazzmusiker und ihrer Innensicht berichtet hatte. Geier war dabei auch immer mehr als nur Jazzmusiker. Er war ein Belesener. Bei sich zu Hause in Winterthur stand das Gesamtwerk etwa von Rudolf Steiner; der Begründer der Anthroposophie prägte den Kontrabassisten wesentlich. K.T. Geier verstarb am Samstag unvermittelt, nachdem er sich bei einem Sturz eine Kopfverletzung zugezogen hatte.
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