Formel-1-Start in MelbournePiastri lässt selbst Norris’ Mutter verzweifeln, Hülkenberg verblüfft im Sauber alle
Der Auftakt zur neuen Saison verläuft wild. Der Regen sorgt für turbulente Szenen, grosse Sieger – und viele Verlierer.

Runde 44 ist angebrochen in diesem Grand Prix von Australien. Und das Drama nimmt seinen Lauf. Für Oscar Piastri; für die vielen heimischen Fans auf den Tribünen; für McLaren, in dessen Box die Mechaniker die Hände verwerfen. Daneben sitzt die Mutter von Teamkollege Lando Norris – und blickt mit zunehmendem Entsetzen auf den Bildschirm. Dann fasst sie sich an den Kopf und stösst ein vierfaches «Nein» aus.
Piastri hats erwischt wie so viele an diesem regnerischen Tag in Melbourne. Auf Rang 2 liegend ist der Australier weggerutscht und beim Versuch, sein Auto aufzufangen, in der Wiese gelandet. Erst sieht es aus, als könnte er sich nicht mehr befreien. Letztlich holpert er im Rückwärtsgang aus dem Grün und kann unter dem frenetischen Jubel der Zuschauer weiterfahren. Er startet eine Aufholjagd, über Platz 9 aber kommt der 23-Jährige nicht hinaus.
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Und es scheint in dieser späten Phase des Rennens, als käme es noch schlimmer für McLaren. Denn während Lando Norris, der unangefochtene Leader bis zu diesem Zeitpunkt, zurückwechselt auf Halbregenreifen, bleibt Max Verstappen draussen und übernimmt die Führung.
Das waghalsige Experiment von Verstappen
Der Niederländer, die beiden Ferrari-Piloten Lewis Hamilton und Charles Leclerc sowie Pierre Gasly im Alpine und Yuki Tsunoda (Racing Bulls) versuchen sich trotz nun wieder starken Regens weiter mit den Trockenpneus. Diese haben alle Fahrer erst gerade abgeholt während der Safety-Car-Phase, ausgelöst durch Fernando Alonso, der mit seinem Aston Martin in die Streckenbegrenzung gekracht ist. Und Norris fährt den fünf Piloten nun also hinterher.
Doch bald rutscht Verstappen nur noch herum und muss seinen Versuch ebenso abbrechen wie die Ferrari-Fahrer eine Runde später. Rang 2 hinter Norris und vor Mercedes-Pilot George Russell ist aber eine ordentliche Ausbeute für den Niederländer.

Ganz anders sieht die Gefühlslage bei seinem Neo-Teamkollegen Liam Lawson aus. Kurz nach dem Reifen-Rückwechsel donnert der junge Neuseeländer in die Banden. Es ist das Ende eines ziemlich schrecklichen ersten Wochenendes für den Red-Bull-Piloten. Die Demütigung erlebte er zur Hälfte dieses Grand Prix, als er von den beiden McLaren-Fahrern überrundet wurde.
Kurz vor Lawson verabschiedete sich auch Gabriel Bortoleto, der neue Sauber-Fahrer, mit einem Dreher aus dem Rennen. Gleich sechs Piloten sehen das Ziel in diesem wilden ersten Rennen nicht.
Hülkenberg holt mehr Punkte als Sauber 2024
Nicht dazu gehört Nico Hülkenberg, der Routinier, der ein ganz starkes erstes Rennen für den Schweizer Rennstall zeigt und Siebter wird. So gut war ein Auto aus Hinwil letztmals 2022 klassiert, als Valtteri Bottas in Kanada ebenfalls auf Rang 7 gefahren war. Hülkenberg hat damit im ersten Rennen der Saison schon mehr Punkte geholt als das Duo Bottas/Zhou Guanyu im ganzen letzten Jahr. Die schwierigen Bedingungen sind etwas für den 37-jährigen Deutschen.
Das sind sie auch für Verstappen, der bei Regen als Kind in seinem Kart mit profillosen Reifen seine Runden drehen musste, während seine Gegner mit Regenpneus um die Piste hetzten. Es war Teil des harten Trainings von Vater Jos Verstappen. Oft schon hat sich das ausbezahlt. Das tut es auch in Australien – und das schon früh.
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Verstappen kommt gleich nach dem Start vorbei an Piastri im McLaren und fährt hinter dessen Teamkollege Norris auf Rang 2. Doch bald ist ersichtlich, dass die Worte aus dem Lager von Red Bull nicht nur leere Hülsen waren, nicht nur dazu da, Druck auf den Konkurrenten zu machen, nein: Red Bull scheint McLaren tatsächlich deutlich unterlegen.
Der seltene Fehler von Verstappen
Piastri setzt Verstappen in der Folge dermassen unter Druck, dass dieser einen seiner seltenen Fehler macht, sich in Runde 17 verbremst und den Autos in Orange die Doppelführung wieder überlassen muss. In kurzer Zeit fahren diese einen Vorsprung von 16 Sekunden heraus, es sind Welten in der Formel 1. Alonso mit seinem Ausrutscher und der Regen wollen es, dass dieser Tag doch noch ganz gut wird für Verstappen.
Das können nicht alle von sich behaupten. Das Rennen ist noch nicht einmal gestartet, da hat diese Saison schon ihren ersten Aufreger. Isack Hadjar, der 20-jährige Franzose, der bei Red Bulls Schwesterteam Racing Bulls sein Debüt erlebt, liegt mit seinem Auto in den Reifenstapeln. Abgeflogen in der Aufwärmrunde auf dem Weg zu Startplatz 11. Es ist ein bitteres und frühes Ende für Hadjar, dessen Familie nach Australien gereist ist, um seine ersten Runden auf der grössten Motorsport-Bühne zu erleben.
Vater Hamilton als Trostspender
Stattdessen läuft er nun durch das Fahrerlager, mit hängendem Kopf, das noch in den Helm gehüllte Gesicht in den Händen vergraben. Anthony Hamilton, der Vater des siebenfachen Rekordweltmeisters, der das grosse Vorbild ist des jungen Rennfahrers, eilt kurzerhand herbei, hält seinen Arm um Hadjar und spricht ihm Mut zu. Hadjar nennt es später den «Walk of shame», den Gang der Schande, und sagt: «Es ist der schlimmste Tag in meinem Leben.»
Es ist aber auch eine knifflige Aufgabe an diesem Sonntag in Melbourne. Kaum sind die Lichter aus und ist das ganze Feld auf seiner ersten Runde, stehen schon wieder Autos in der Streckenbegrenzung. Erst erwischt es Jack Doohan, den nächsten Rookie, der im vergangenen Jahr beim Finalrennen in Abu Dhabi schon einmal für Alpine im Cockpit gesessen hat. Weggerutscht vor Heimpublikum auf dem schmierigen Asphalt.
Wie kurz später auch Carlos Sainz, der 30-jährige Routinier, der bei Ferrari Platz machen musste für Hamilton und nun sein Glück bei Williams sucht. Allzu viel davon hat er bei seinem ersten Auftritt im weissen Overall nicht.
Erst nach und nach trocknet die Strecke ab. Als das Rennen nach sieben Runden hinter dem Sicherheitswagen neu und erst so richtig gestartet wird, spritzt hinter den Rennautos schon deutlich weniger Gischt auf. Es nieselt aber weiter in Melbourne. Beweis dafür ist ein Funkspruch von Charles Leclerc, der kurz vor Rennhälfte bei seinem Ingenieur nachfragt, ob es ein Leck gebe in seinem Ferrari. «Der Sitz ist voller Wasser!» Die Antwort aus der Box: «Das muss das Wasser sein.» Leclerc: «Diesen Satz müssen wir ins Buch der Weisheiten schreiben.»
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Erst in Runde 34, nach dem Abflug von Alonso, wechselt das ganze Feld auf Trockenreifen. Und bald wieder zurück, weil eben doch wieder starker Regen einsetzt – und für ein turbulentes Ende sorgt.
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