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Zürcher Derby
Explosion nach 94 Minuten und 30 Sekunden

Ein Menschenknäuel im Letzigrund. Die FCZ-Spieler feiern ihr spätes 2:1 gegen GC.
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Und dann: Explosion.

Becher fliegen, Menschen springen, landen Meter tiefer auf niederen Tribünenrängen. Assan Ceesay wird von einem Hügel Menschen begraben. Yanick Brecher, der Goalie, legt einen Sprint zur gegnerischen Eckfahne hin. 94 Minuten und 30 Sekunden sind gespielt – und es brechen beim FC Zürich alle Dämme und Reservoirs.

Ceesay hat tief, tief, in der Nachspielzeit getroffen und das Zürcher Derby entschieden. Die GC-Spieler laufen wie erloschene Kerzen vom Platz, die FCZ-Spieler glühen, sie lassen sich feiern, wieder und wieder vor ihren Fans.

Es ist das Ende eines langersehnten Derbys, das die Stadt seit Tagen beschäftigte und dessen Bedeutung wie eine süsse Verheissung durch die Strassen zog. Nummer eins sein in der Stadt; den Rivalen schlagen; beschwingte Wochen erleben. Es war so aufgeheizt, dass manche Spieler gar vom Stadtfeind sprachen und FCZ-Fans bereits am Vorabend an der berüchtigten Langstrasse mit einem Marsch Präsenz markierten. Es war an diesem Wochenende unmöglich, nicht mitzubekommen, dass nach 868 Tagen und GC’ Ab- und Aufstieg wieder einmal ein Zürcher Derby stattfindet.

So wird Zürich, gewöhnlich nicht d i e Fussballstadt, gestern kurz nach fünf zu eben jener Fussballstadt. Die Strassen verkehrsleer, keine Autos, bloss Fans und viel Vorfreude. Zur inoffizielle Stadtmeisterschaft finden sich 14800 Zuschauer ein und machen aus der lange nur sehr durchschnittlichen Partie ein Ereignis.

Endlich wieder viele Fans, endlich wieder Stimmung.

Zwei Tore in zehn Minuten

GC beginnt stark, kommt durch eine glücklose Abwehr von Brecher durch Georg Margreitter zum 1:0, der FCZ reagiert mit schnellen Umschaltspiel, Ceesay dribbelt sich am Strafraumrand Platz frei und schiebt den Ball zur Mitte, wo Antonio Marchesano vollendet. Es steht nach 10 Minuten 1:1 und statt, dass aus dem Spiel nun ein Spektakel wird, legt es sich schlafen. Der FCZ wirkt statisch, GC kontrolliert das Spiel und verhindert durch kluges Anlaufen das gefährliche Flügelspiel. Seltsam wenig Intensität ist in der Partie drin.

Das ändert sich nach der Pause durch Mithelfen von Amir Abrashi. Dieser sass am Mittwoch zu Tisch, gab Auskunft über seine Derbyliebe und war bereits so geladen, als wolle er Tisch und Stuhl Richtung Südkurve werfen. Und mit dieser Haltung muss er aus der Pause gekommen sein. Erst foulte er Doumbia, dann Ceesay. Gelb-Rot in rund 70 Sekunden.

Nach dem Spiel kommt Abrashi zu den Journalisten, diese reagieren verblüfft auf dessen Rückgrat, worauf der GC-Captain sagt. «Ich muss ja hinstehen, wenn ich einen Scheissdreck mache.» Es ist tatsächlich ein Ausschluss, der das Spiel komplett verändert. GC zieht sich zurück, der FCZ wird dominanter, spielt aber die numerische Überlegenheit so liederlich aus, dass er kaum zu Chancen kommt.

«Derbys spielt man nicht, man gewinnt sie.»

Antonio Marchesano nach dem Sieg gegen GC

Es braucht darum die 95. Minute für den grossen Gefühlsausbruch. Der FCZ-Sieg ist glückhaft und gar nicht mal so verdient. Doch das ist den Leuten im FCZ-Lager sehr egal. Derbygewinner. Der vierte Sieg im vierten Spiel. Tabellenführer.

Ceesay tut sich schwer mit dem Emotionen Beschreiben. Brecher erzählt bewegt, wie sie extrem viele Nachrichten in den vergangenen Tagen bekommen hätten, und Trainer André Breitenreiter gibt seinen Spielern zwei Tage frei.

Das Schlusswort gehört Antonio Marchesano. Der Tessiner versucht nach dem Spiel, die Gründe aufzuzählen, weshalb man sich lange schwer tat, dann hält er inne und sagt: «Derbys spielt man nicht, man gewinnt sie.» So klingt die Logik von Sieger.