Ex-Präsident verschanzt sich bei Parteifreunden
Der wegen Korruption verurteilte brasilianische Ex-Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva hat eine Frist zu seinem Haftantritt verstreichen lassen.

Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva will sich offenbar weiter seiner Verhaftung entziehen. «Es ist beschlossene Sache: Lula wird sich nicht nach Curitiba begeben», sagte ein Parteifreund des Ex-Präsidenten der Nachrichtenagentur AFP.
Der zu zwölf Jahren Haft verurteilte frühere Staatschef liess damit Freitagabend (22 Uhr Schweizer Zeit) eine gerichtlich gesetzte Frist verstreichen, sich freiwillig zum Haftantritt der Polizei in Curitiba zu stellen. Lula verschanzte sich stattdessen mit Anhängern im Gewerkschaftshaus in São Bernardo do Campo. Hunderte Anhänger waren vor dem Gebäude versammelt, um ihn vor einer Festnahme zu schützen.
Lula werde dennoch nicht als «Flüchtiger» betrachtet, sagte am Freitag eine Sprecherin des Bundesgerichts in Curitiba, das den Haftbefehl gegen den Ex-Präsidenten erlassen hatte. Er habe sich der Justiz nicht widersetzt, er habe lediglich die Chance verstreichen lassen, sich freiwillig zu stellen. «Aber jeder weiss, wo er sich aufhält, er versteckt sich nicht und ist kein Flüchtiger», betonte die Gerichtssprecherin.
Uno eingeschaltet
Lulas Anwälte stellten am Freitag beim Bundesverfassungsgericht STF erneut einen Antrag zur zeitweiligen Aufhebung des Haftbefehls. Der Oberste Gerichtshof hatte nur wenige Stunden zuvor ein ähnliches Gesuch abgewiesen.
Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Brasil verhandelten Lulas Anwälte nun mit der Bundespolizei über die Festlegung eines Termins für seine Inhaftierung - entweder noch am Wochenende oder am Montag. Die Polizei lehnte eine Stellungnahme dazu ab, ob sie Lula notfalls abführen würde.
Im Kampf gegen seine drohende Inhaftierung wandte Lula sich auch an die Vereinten Nationen. Seine Anwälte beantragten beim Uno-Menschenrechtsausschuss in Genf eine einstweilige Verfügung, um die Inhaftierung noch abzuwenden, wie Lulas Rechtsanwalt Cristiano Zanin Martins der Nachrichtenagentur DPA sagte. «Wir können bestätigen, dass der Menschenrechtsausschuss einen Antrag auf eine »einstweilige Massnahme« empfangen hat», sagte eine Uno-Sprecherin in Genf auf Anfrage. Der Menschenrechtsausschuss werde sich in den kommenden Tagen mit dem Antrag Lulas befassen.
In Schmiergeldskandal verwickelt
Der 72-Jährige ist in den Skandal um Schmiergelder bei Auftragsvergaben an den staatlichen Ölkonzern Petrobras verwickelt, Lula war wegen Korruption zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden.
Lula war zwischen 2003 und 2011 brasilianischer Staatschef. Bei der Wahl im Oktober wollte er eigentlich erneut für das höchste Staatsamt kandidieren - die linke PT will nach eigenem Bekunden auch im Fall seiner Inhaftierung an diesem Plan festhalten. «Lula bleibt unser Kandidat», sagte die Parteivorsitzende Hoffmann kurz vor Bekanntgabe des Haftbefehls. Mit der «politisch motivierten» Haft Lulas verwandele sich Brasilien in eine «Bananenrepublik», sagte Hoffmann. Lula liegt in Umfragen mit bis zu 36 Prozent deutlich vorn.
Lulas Bewerbung für die Präsidentenwahl im Oktober steht allerdings so oder so in Frage, weil ein Gesetz es in zweiter Instanz Verurteilten bis acht Jahre nach dem Urteil verbietet, bei Wahlen anzutreten. Das Gesetz lässt aber auch einen Revisionsantrag zu, wenn gegen die Verurteilung noch Berufung in dritter und vierter Instanz eingelegt worden ist. Den könnte Lula im August beim Obersten Wahlgericht stellen, wenn die Behörden die Einschreibung seiner Kandidatur ablehnen.
SDA/fur
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch