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Elektro-Pionier
Peugeot hat konventionellen Antrieben schon früh die Krallen gezeigt

Das Elektrofahrzeug Peugeot VLV, ein leichtes Stadtauto, steht 1941 im Werk La Garenne zur Serienproduktion bereit.
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Es ist die traditionelle Offenheit gegenüber neuen Antriebstechnologien, die dazu beigetragen hat, dass Peugeot alle Stürme der Zeit überstand und die den heute zweitältesten noch existierenden Automobilhersteller selbstsicher das Ziel kommunizieren lässt, in gut drei Jahren nur noch elektrifizierte Fahrzeuge zu verkaufen.

Tatsächlich steht die Marke mit dem Löwen im Logo schon seit Juni 1941 unter Strom, als ein kleines Elektro-Cabriolet mit dem kryptischen Modellcode VLV (Voiture Légère de Ville) mitten im Zweiten Weltkrieg in französischen Metropolen zum Auto der Ärzte oder Rechtsanwälte avancierte und auch die französische Post motorisierte. Dem 2,67 Meter kurzen und 1,21 Meter schmalen Zweisitzer genügte eine Leistung von zwei Steuer-PS (1,5 kW) für eine stadttaugliche Höchstgeschwindigkeit von 32 km/h und eine lokal emissionsfreie Reichweite von 80 Kilometern dank vier in Reihe geschalteter Zwölf-Volt-Batterien.

Trotz der kriegsbedingten Materialknappheit konnte Peugeot 377 Einheiten des VLV verkaufen, dann verboten die Behörden die Produktion. Bei Peugeot setzte dieser zweisitzige Elektro-Pionier dennoch die Initialzündung zu vielen weiteren originellen und schicken Stromern wie den Modellen 104, 205, 106 oder Ion, mit denen die Franzosen ab den 1980er-Jahren allmählich zum weltweit grössten E-Auto-Hersteller aufstiegen – bis sie von Tesla überholt wurden. Für Peugeot Ansporn, als Teil der Stellantis-Holding heute wieder um die Führung bei den Stromern zu kämpfen.

Frühe Elektro-Nutzfahrzeuge

Armand Peugeot war vom Innovationsgeist getrieben: Nur wer sein Unternehmen immer wieder neu erfinde, gehe in eine erfolgreiche Zukunft, erklärte der Patriarch schon Ende des 19. Jahrhunderts. Dieser Devise folgte ab 1915 auch sein Neffe und Nachfolger Robert Peugeot, der das Familienunternehmen mit revolutionären Technologien durch wirtschaftlich sehr wechselhafte Zeiten führte, bis schliesslich 1938 jedes vierte französische Auto einen Löwen am Kühlergrill trug.

Peugeot Concept-Car Tulip von 1995 an einer Ladestation, stellt elektrisches Stadtauto-Abonnement vor.

Auch mit der Elektromobilität hatte Peugeot früh Erfahrungen gesammelt. Schon die 1893 in Paris eingeführte Elektromotorkutsche von Jeantaud und Raffard faszinierte Armand Peugeot, aber angesichts fehlender Ladeinfrastruktur und geringer Reichweite der Batteriemobile konzentrierte er sich vorläufig auf Verbrenner. So lag es an Robert Peugeot, 1917 mit der Forschung und 1926 mit der Erprobung von elektrifizierten Nutzfahrzeugen zu beginnen, zeitgleich zum sensationellen Markterfolg der winzigen, leichtgewichtigen und zweisitzigen Peugeot-Quadrilette-Modelle. Diese Quadrilette-Typen mit Benzinmotor inspirierten den pfiffigen und trotz Bleibatterien nur 365 Kilogramm wiegenden VLV von 1941.

Coupé mit Bleiakku

So aber verschwand der VLV 1943 erst einmal im Museum – bis das Thema Elektromobilität um 1970 neue Aktualität gewann. Nun waren es zunehmend schärfere Emissionsvorschriften und das Smogproblem in Ballungsräumen, die weltweit eine kaum mehr überschaubare Typenschau an Elektro-Prototypen hervorbrachten. Peugeot kooperierte ab 1972 mit der Energiesparte von Alstom und brachte das von Pininfarina couturierte Coupé 104 mit Bleiakkus in Fahrt, aber auch den Transporter J7. Allein, die Fortschritte in der Batterietechnik liessen weiter zu wünschen übrig, und so verging ein weiteres Jahrzehnt bis zum nächsten ambitionierten Projekt unter der Agenda «Zweimal Hundert»: 100 Kilometer Reichweite bei 100 km/h Durchschnittstempo, umgesetzt mit Batteriehersteller Saft im Sympathieträger Peugeot 205 – allerdings nur in Kleinserie.

Motorraum eines vollelektrischen Peugeot 205, entwickelt in Kooperation mit dem Batteriehersteller Saft.

Auch den folgenden E-Nutzfahrzeugen – 1989 debütierte der Kastenwagen J5 und 1998 der Hochdachkombi Partner Electric – fehlte es an nachhaltigem Schwung. Im Jahr 1991 wurde emissionsfreies Fahren dann doch kurzzeitig ein Topthema: Die IAA in Frankfurt stand unter E-Power, dort waren Showcars wie BMW E1, Volkswagen Chico, Opel Astra Impuls und ein elektrischer Mercedes 190 Publikumsmagneten. Peugeot präsentierte drei visionäre Projekte: Der 405 Break V.E.R.T.1 überraschte als Diesel-Hybrid-Pionier, bei dem zwei Gleichstrommotoren auf die Hinterräder wirkten und durch ein Diesel-Stromaggregat über Batterien mit Energie versorgt wurden. In Städten bewährte sich der Transporter J5 mit 28 Nickel-Cadmium-Akkus, vor allem aber hob der elektrische Peugeot 106 richtig ab. Dieser stilsicher gezeichnete Kleinwagen katapultierte Peugeot auf Platz eins in den Elektroauto-Verkaufscharts, dafür genügten 10’000 Einheiten, die bis 2003 ausgeliefert wurden.

Mutige Konzepte

Zu den mutigen E-Impulsgebern des ausklingenden 20. Jahrhunderts zählten aber auch das Versuchsfahrzeug Ion, der im Auto-Abo angebotene und nur 2,20 Meter lange Peugeot Tulip und der verwegene Strandbuggy-Prototyp Touareg mit elektrischem Allradantrieb, der als emissionsfreier 4×4 seiner Zeit um gut 25 Jahre vorauseilte. Konnte es da noch eine Steigerung geben? Aber klar, meinte Peugeot-Chefdesigner Gérard Welter und zeigte im Jahr 2000 die fantasievollen «City Toyz»: unter Strom stehende Prototypen, die als e-Doll mit Motorradlenkstange und als Bobslid mit Joystick-Steuerung Lebensfreude in das Verkehrsgewühl französischer Städte bringen sollten, ähnlich wie Kei-Cars in Japan.

Das Peugeot Touareg Concept Car von 1996 auf sandigem Untergrund, ein 4x4-Technologieträger mit Elektroantrieb.

Tatsächlich war es dann 2009 ein Kei-Car, das den Schritt in die echte Massenproduktion von Elektroautos brachte: Noch vor dem Start von Nissan Leaf oder Tesla Model S lancierte Mitsubishi 2009 den fünftürigen i-MiEV, der in Europa als geklonter Peugeot iOn (und Citroën C-Zero) die heutige Ära vollelektrischer Volksautos einleitete. Der kostete zwar das Dreifache eines Peugeot 107. Andererseits: Null Emissionen in Serie, verpackt in auffällige Couture, diesen Werbewert liessen sich umweltbewusste Firmen von Beginn an viel kosten.

Welche Anziehungskraft adrenalinhaltige E-Sportler besitzen, demonstrierte ab 2008 der Tesla Roadster. Peugeot konterte 2010 zumindest mit einem Concept: Der EX 1 sprintete in 2,24 Sekunden auf 100 km/h, das war Weltrekord. Seit 2019 sind Elektromotoren bei Peugeot endgültig neue Normalität. Ob Benziner, Diesel oder E-Antrieb: Die Kunden haben die Wahl. Vorläufig, denn die Verbrenner sind auch bei Peugeot angezählt.

Elektrisches Peugeot e-doll Concept Car in leuchtendem Orange auf dem Pariser Salon 2000, Teil der City Toyz-Serie.