China expandiertEin Riesenreich bedrängt seine Nachbarn
Die autoritäre Regierung gibt sich gern friedliebend, rüttelt aber immer wieder an der mit 22’457 Kilometern längsten Landgrenze der Welt – zurzeit mit einer neuen Karte. Ein Überblick über eine bedrohliche Lage.
Russland – Freundschaft ohne Grenzen
Eine «Freundschaft ohne Grenzen» haben sich Parteichef Xi Jinping und Präsident Wladimir Putin versprochen. Doch gerade entlang der mehr als 4000 Kilometer langen gemeinsamen Grenze zeigt sich, wie fragil das Bündnis ist. Jahrhundertelang standen sich die Grossmächte als Rivalen gegenüber, immer wieder verschoben sich Kräfteverhältnisse und Grenzen. Im 19. Jahrhundert rang das Zarenreich dem chinesischen Kaiserreich im Nordosten eine Fläche ab, dreimal so gross wie Deutschland.
1969 kämpften Moskau und Peking einen kurzen, aber erbitterten Grenzkrieg, der fast in einer atomaren Eskalation endete. Auf den aktuellen Grenzverlauf einigten sich beide Länder erst 2008. Heute verläuft dieser zu grossen Teilen entlang des Amur. Schwarzer Drachenfluss wird er in China genannt.
Umso grösser die Provokation im August 2023, als Peking seine neue Standardkarte veröffentlichte, die als neue Vorlage für Politik, Wissenschaft und Schule dient. Darauf gehört die Insel Bolschoi Ussurijski, auf Chinesisch die Kragenbär-Insel, wieder komplett zur Volksrepublik. Der Kompromiss von 2008 ist damit hinfällig.
Bisher hat Wladimir Putin, der mit seinen Ansprüchen auf die Ukraine selbst Geschichte fälscht, nicht reagiert. Wirtschaftlich ist das Land zu abhängig von der KPCh. Ein grosser Teil der industriellen Güter stammt inzwischen aus China, alles, was die Russen in Europa nicht mehr bekommen. Die Volksrepublik kauft im Gegenzug Öl und Gas. Wichtiger für Peking ist aber noch die Schwächung des Westens durch den Krieg, allen voran der USA.
Taiwan – China will sich vereinigen
Das geht über Scharmützel an der Grenze weit hinaus: Die Volksrepublik erhebt Ansprüche auf das Staatsgebiet Taiwans, darunter die Hauptinsel und die kleinen umliegenden Inseln wie Penghu, Kinmen und Matsu. Staats- und Parteichef Xi Jinping hat die Vereinigung zu einer Bedingung für den Wiederaufstieg Chinas zu einer Weltmacht erklärt. Bis 2049 will er dieses Ziel erreichen, notfalls auch mit Gewalt.
Militärisch versucht Peking die Taiwaner zu zermürben, an manchen Tagen schickt es mehr als 100 Kampfflugzeuge. Viele überqueren die symbolische Mittelinie der Strasse von Taiwan, die als Grenze dient. Taiwaner berichten von Cyberangriffen, Wahleinmischung und wirtschaftlichem Druck.
Dazu hat Peking seine Bemühungen verstärkt, das Land diplomatisch zu isolieren. Die KPCh hat Taiwan selbst als Beobachter aus internationalen Organisationen gedrängt und in den vergangenen 25 Jahren mehr als ein Dutzend Länder gezwungen, ihre offiziellen Beziehungen zu Taipeh zu kappen. Übrig sind nur noch zwölf Staaten sowie der Heilige Stuhl, die Taiwan anerkennen. Auch von Deutschland wird das Land aus Angst vor Pekings Wut nicht anerkannt.
In China wird keine Karte gedruckt, auf der Taiwan nicht bereits Teil des Staatsgebiets ist.
Die Ansprüche auf Taiwan sind noch gar nicht so alt. Erst 1683 wurde die Insel ein Teil des chinesischen Kaiserreichs, ausgerechnet Aufständische gegen die regierenden Qing hatten sich auf der Insel verschanzt. 1895 musste China sie an die Imperialmacht Japan abtreten. Als diese nach dem Zweiten Weltkrieg zur Rückgabe der besetzten Gebiete gezwungen war, ging Taiwan an das im Bürgerkrieg versunkene China. Später diente die Insel als Rückzugsort für die unterlegenen Nationalisten unter Chiang Kai-shek, sie töteten Tausende Einheimische. Ein Verbrechen, das die Taiwaner gerade erst anfangen aufzuarbeiten.
In China kennt kaum jemand die genaue Geschichte. Die KPCh schafft lieber Tatsachen: Keine Karte im Land wird gedruckt, auf der Taiwan nicht bereits Teil des Staatsgebiets ist. Auch nutzt das Land seine Wirtschaftsmacht, um ausländische Unternehmen zu einem Bekenntnis gegen Taiwans Freiheit zu nötigen.
Japan – Kampf um Seewege
Die Inseln, um die sich Japan mit China zankt, wirken auf den ersten Blick wie ein paar bedeutungslose Felsen in den Weiten des Ostchinesischen Meeres. Japan nennt sie Senkaku und zählt sie zum Gemeindegebiet Ishigakis, der südlichsten Stadt in Japans Inselkette, knapp 2000 Kilometer von Tokio entfernt. Die Japaner übernahmen die Inseln 1895, nachdem sie dort keine Anzeichen chinesischer oder sonstiger Herrschaft vorgefunden hatten. Auf Uotsuri, der grössten Senkaku-Insel mit 3,3 Kilometern Länge, gab es einst eine Fabrik zur Verarbeitung von Bonitos und Albatrosfedern. Heute brüten hier Vögel. Ausser dem Senkaku-Maulwurf sowie ein paar Hundert Ziegen lebt dort niemand.
Aber strategisch sind die Inseln wichtig. Wer sie besitzt, kann die Seewege der Region besser kontrollieren. Und weil China seine Macht zu Wasser ausbauen will, spasst es nicht, wenn es um die Felsen geht, die auf Chinesisch Diaoyu-Inseln heissen. Pekings Ärger war gross, als der japanische Staat sich 2012 mit den Privatbesitzern über den Kauf der Inseln einigte und deren Verwaltung übernahm. Das Aussenministerium beklagte eine «ernst zu nehmende Verletzung der chinesischen Souveränität». Im Land gab es gewaltsame Massenproteste gegen Japan. Und seither schickt China ständig Schiffe in die Gegend um die Senkaku- beziehungsweise Diaoyu-Inseln.
Tokio ist besorgt, aber nicht tatenlos. Japans Regierung hat im vergangenen Dezember eine schärfere Sicherheitsstrategie mit verdoppeltem Verteidigungsetat verabschiedet. Das hat auch mit Chinas Patrouillen in den Gewässern rund um die vermeintlich bedeutungslosen Felsen zu tun.
Indien – Prügelnde Grenzschützer
Bis zur Einnahme Tibets durch China hatte Indien quasi nicht einmal eine Grenze zum riesigen Nachbarn. Seit den 1950er-Jahren aber gibts einen Grenzstreit, der immer wieder mal zum Konflikt ausartet. Auf der neuen Standardkarte, die Peking im August 2023 herausgegeben hat, wird der äusserste nordöstliche indische Bundesstaat Arunachal Pradesh im Himalaja als «Zangnan» bezeichnet, chinesisch für Südtibet. Aksai Chin wiederum ist eine umstrittene Hochebene im westlichen Himalaja, die von Indien beansprucht, aber von China kontrolliert wird.
Im Oktober 1962 kam es zu einem indisch-chinesischen Grenzkrieg, zuvor hatten chinesische Soldaten in Ladakh immer wieder Vorstösse in Gebiete gewagt, die Indien als seine ansieht. Die britischen Kolonialherren hatten hier nach ihrem Abzug 1947 keine klaren Grenzen hinterlassen, sondern nur eine sogenannte Line of Actual Control (LAC). An der LAC kommt es seit drei Jahren wieder verstärkt zu Auseinandersetzungen, nachdem chinesische und indische Truppen mit Knüppeln aufeinander losgegangen sind. 40 Soldaten kamen ums Leben. Diese jüngsten Auseinandersetzungen im Himalaja führten seither zu einer Stationierung von je etwa 100’000 Soldaten.
Nepal – offene Grenze für Tibeter
Eingeklemmt zwischen den beiden Grossmächten China und Indien, bleibt Nepal nicht viel mehr übrig, als sich um gute diplomatische Beziehungen zu beiden zu bemühen. Doch im August 2022 zeigte ein geleaktes Dokument der Regierung, dass es ordentlich knirscht im Verhältnis zu China, das eigentlich Gegengewicht sein soll zum Grosspartner Indien im Süden.
In dem Bericht ging es um die rund 1400 Kilometer lange Grenze im Himalajagebirge, eher vage gezogen, die auf einer Reihe von Verträgen aus den 1960er-Jahren beruht. Die Region ist schwer zugänglich, der Grenzverlauf lediglich durch lose verstreute Grenzsteine markiert. Eine Delegation der Nepalesen fand von China errichtete Gebäude auf ihrer Seite der Grenze. Ausserdem, hiess es in dem Bericht, sollen Chinas Sicherheitskräfte Nepalesen in ihrem eigenen Land überwachen, religiöse Aktivitäten einschränken und Schäfer mit ihren Herden behindern.
Auch wenn Peking einen Grenzkonflikt mit Nepal als «Schmierenkampagne» bezeichnet, dürfte die KP zunehmend gegen den illegalen Grenzverkehr in der Region vorgehen. Auf chinesischer Seite liegt Tibet, viele Menschen sind in den vergangenen Jahrzehnten von dort vor Repression und Verfolgung geflohen. Bekanntester Flüchtling: der Dalai Lama, das Oberhaupt der Tibeter, der sich nach der Besetzung durch Chinas Militär im Jahr 1959 nach Indien rettete. Rund 20’000 tibetische Flüchtlinge leben heute in Nepal. Dies führt dort immer wieder zu Protesten durch die lokale Bevölkerung.
Bhutan – Druck aufs Königreich
Das kleine buddhistische Königreich Bhutan liegt ebenso wie Nepal eingeklemmt zwischen den beiden Giganten China und Indien. Und hier setzt sich der Gebirgsstreit im Himalaja fort, um das Doklam-Plateau, das in der Nähe des Dreiländerecks zwischen Indien, Bhutan und China liegt. Hunderte indische Soldaten sind in Bhutan stationiert, ihr militärisches Hauptquartier befindet sich in der westlichen Stadt Haa, etwa 20 Kilometer von Doklam entfernt.
Das Doklam-Plateau ist für Indien von enormer sicherheitspolitischer Bedeutung, da eine Dominanz der Chinesen in der Region eine Bedrohung für den sogenannten Siliguri-Korridor darstellen könnte, eine an der schmalsten Stelle nur 22 Kilometer breite Verbindung zu den nordöstlichen indischen Bundesstaaten. Peking macht aus genau demselben Grund Druck auf Bhutan.
Philippinen – neue Regeln für die Riffe
Im Gegensatz zu Ex-Präsident Rodrigo Duterte ist sein Nachfolger Ferdinand Marcos jr. ein Freund der USA – der einstigen Kolonialmacht, die auch seiner Familie Asyl bot, als der Diktatorenvater vertrieben wurde. Im Mai 2023 attestierte Marcos jr. seinem Land die «derzeit wohl komplizierteste geopolitische Situation der Welt».
Peking missachtet seit einigen Jahren die philippinischen Seerechte, immer wieder kommt es zu Übergriffen von chinesischen Patrouillen auf philippinische Boote, die im «ausschliesslichen Wirtschaftsraum» der Philippinen im Südchinesischen Meer unterwegs sind. Die Philippinen haben dagegen vor einem internationalen Schiedsgericht in Den Haag geklagt und recht bekommen – nur wird diese Entscheidung von Peking nicht anerkannt.
Im Südchinesischen Meer schafft China seit langem Fakten.
Die chinesische Führung beruft sich ihrerseits auf die sogenannte Neun-Strich-Linie, die das erste Mal 1947 von Geografen der Republik Chinas auf eine chinesische Karte eingezeichnet wurde. Damals zählte die u-förmige Linie noch elf Linien, der spätere Staatsführer Mao Zedong gab zwei dieser Striche auf, um den kommunistischen Nachbarn Vietnam zu beglücken. In der neuen Standardkarte sind es – sehr zum Entsetzen der Anrainerstaaten – seit diesem Jahr wieder zehn Striche. Hinzugekommen ist eine Verlängerung der Linie um Taiwan herum.
Im Südchinesischen Meer schafft China seit langem Fakten. 2012 übernahm das Land nach einem monatelangen Patt die Kontrolle über das Scarborough-Riff von den Philippinen, ein fast schon versunkenes Atoll im Südchinesischen Meer, um die eigene Wirtschaftszone zu erweitern. So war Peking bereits 1995 beim Mischief-Riff vorgegangen, das auch von Taiwan und Vietnam als Staatsgebiet betrachtet wird. Und wie die Paracel-Inseln, deren Kontrolle China bereits 1974 von Vietnam übernommen hatte.
Die Philippinen liegen von den fünf US-Verbündeten im Indopazifik am nächsten an Chinas Anspruchsgebiet. Luzon ist nicht einmal 400 Kilometer von Taiwan entfernt. Die Insel könnte für das US-Militär als potenzieller Standort für Raketen, Flugkörper und Artilleriesysteme dienen, im Rahmen des bereits 2014 beschlossenen und im Land umstrittenen Enhanced Defense Cooperation Agreement mit Washington.
Vietnam – näher zu Washington
Der Containerhafen von Ho-Chi-Minh-Stadt ist einer der grössten am Südchinesischen Meer und liegt direkt an der wichtigsten maritimen Handelsroute Chinas. Das wurde deutlich, als die vietnamesische Regierung während der Pandemie einen harten Lockdown verhängte und die weltweiten Lieferketten in Verzug gerieten. In Hanoi ist man nun ebenfalls besorgt wegen der Standardkarte aus Peking, die grosse Teile des vietnamesischen Wirtschaftsraums im Südchinesischen Meer als Chinas Gebiet ausweist.
Daher suchen die kommunistischen Parteiführer in Hanoi in jüngerer Zeit verstärkt den Kontakt zu Washington. Im August war US-Präsident Joe Biden zu Gast, um strategische Wirtschaftsabkommen abzuschliessen – und etwas gegen die Abhängigkeit der vietnamesischen Armee von chinesischen Rüstungsgütern zu unternehmen. Vietnam wiederum präsentiert sich als günstiges und zuverlässiges Herstellerland für Digitaltechnik und E-Mobilität aus den USA, also auch als Alternative zum Produktionsstandort China.
Laos – Abhängig vom grossen Nachbarn
Laos, der einzige südostasiatische Binnenstaat, ist mit seinen etwa sieben Millionen Einwohnern ein sehr kleiner Nachbar Chinas – und massiv von Peking abhängig. Im Norden des Landes wird auch Mandarin und Kantonesisch gesprochen. 2019 wurde eine Initiative gestartet, um den chinesischen Tourismus in Laos zu fördern. Dazu kommen Investitionen in Verkehrsinfrastruktur, Wasserkraftwerke und eine Grenzwirtschaftszone, die aber nach der Pandemie erst mal unbelebt blieb.
Das ebenfalls benachbarte Thailand ist nach wie vor der grösste Handelspartner des Landes, und die politischen Beziehungen zu Vietnam reichen bis in den Vietnamkrieg und die Entstehung der kommunistischen Bewegung zurück, aus der die regierende Laotische Revolutionäre Volkspartei hervorging. Insgesamt aber ist China mit etwa 16 Milliarden US-Dollar der grösste ausländische Investor und Entwicklungshilfegeber in Laos und der zweitgrösste Handelspartner. Durch Chinas «Schuldendiplomatie» ist die Staatsverschuldung von Laos allerdings auf mehr als 65 Prozent des BIP angewachsen.
Myanmar – Pekings wertvolle Hintertür
Die Junta, die Myanmar seit einem Staatsstreich in der Nacht vom 1. Februar 2021 regiert, wird von der Regierung in Peking gestützt. China ist der wichtigste Waffenlieferant für die riesige Armee Myanmars, die seit dem Putsch versucht, den Aufstand im Land niederzuschlagen. Dass die umliegenden Asean-Staaten das Vorgehen der Junta immer schärfer verurteilen und die Generäle von ihren Treffen ausgeladen haben, bedeutet aber auch, dass es für China politisch zunehmend belastend wird, das brutale Vorgehen der Militärs im Nachbarland international zu decken.
Die beiden Länder verbindet eine mehr als 2000 Kilometer lange Grenze, es gibt gemeinsame Sprachräume und Geschichte. Für Peking ist vor allem der Zugang zum Indischen Ozean über Myanmar von strategischer Bedeutung. Im Jahr 2022 importierte China über die Küste des Rakhaing-Staates und über den Chin-Staat – zwei Regionen Myanmars – Erdgas im Wert von 1,5 Milliarden US-Dollar. Das Land hält für Peking also eine wertvolle Hintertür zu befreundeten Häfen am Golf von Bengalen offen.
Indonesien, Malaysia und Brunei
Alle drei vorwiegend muslimischen Länder teilen sich Borneo auf, die drittgrösste Insel der Welt, auch Kalimantan genannt. Dadurch entstehen ähnliche Probleme wie bei den anderen Asean-Partnern: Peking schickt beispielsweise immer wieder Patrouillenboote und die Küstenwache in die Wirtschaftszone Malaysias und errichtet militärische Aussenposten auf Felsen.
Das malaysische Aussenministerium wies also auch umgehend darauf hin, dass die neue Standartkarte Chinas «einseitige maritime Ansprüche» zeige, die man nicht anerkenne. Auch Brunei pocht auf das Seerechteabkommen der Vereinten Nationen von 1982 und erhebt Anspruch auf das Louisa Reef, die Owen Shoals und Rifleman Bank.
Gleichzeitig ist China ein grosser Handelspartner aller drei Länder. In Indonesien und Malaysia sind eingewanderte Chinesen jeweils grosse und auch einflussreiche Bevölkerungsgruppen, wenn sie auch, wie im Fall von Indonesien, immer wieder Opfer von Gewalt werden.
Südkorea – Land unter
Südkorea streitet mit China um den Socotra-Felsen im Ostchinesischen Meer, obwohl das streng genommen gar nicht geht. Nach internationalem Seerecht kann man nämlich nichts als Territorium beanspruchen, das unter Wasser liegt – und das tut der Socotra-Felsen, den die Südkoreaner Ieodo nennen und die Chinesen Suyan-Jiao. Knapp fünf Meter tief muss man tauchen, um das Korallenriff zu erreichen.
Nach chinesischen Quellen wurde Suyan-Jiao schon im 4. Jahrhundert vor Christus in einer Legendensammlung erwähnt und Ende des 19. Jahrhunderts von der chinesischen Nordmeerflotte auf eine Seekarte gesetzt. Aus westlicher Sicht entdeckte das britische Handelsschiff SS Socotra 1900 die Untiefe. Später interessierten sich die japanischen Besatzer Koreas dafür, aber das erledigte sich mit Japans Niederlage im Zweiten Weltkrieg. Der südkoreanisch-chinesische Konflikt um das Riff begann.
Südkorea nimmt auch ein Riff ernst, das man an der Meeresoberfläche gar nicht sieht.
Es liegt näher an Südkorea als an China, wohl deshalb gingen die Südkoreaner entschlossener zu Werke: Sie installierten 1951 eine Gedenktafel am Felsen, 1987 eine Bake, ein festes Seezeichen, und errichteten von 1995 bis 2003 eine Forschungsstation mit Helikopterlandeplatz. 2006 protestierte Peking dagegen. Später gerieten chinesische Fischer und die südkoreanische Küstenwache aneinander.
2013 kündigte Chinas Regierung an, ihre sogenannte Luftverteidigungsidentifikationszone werde auch den Luftraum über dem Socotra-Felsen umfassen. Südkorea liess daraufhin Kriegsschiffe in der Gegend patrouillieren. Sicherheit und die schwierige Frage, wie sich Nachbarn mit überlappenden Exklusiven Wirtschaftszonen zueinander verhalten, sind die Themen bei diesem Konflikt. Deshalb nimmt Südkorea im Umgang mit dem riesigen Nachbarn auch ein Riff ernst, das man an der Meeresoberfläche gar nicht sieht.
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