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Zwei Tunnelvarianten werden bis Ende Jahr auf Herz und Nieren geprüft

Welche Tunnelvariante ist in Rapperswil-Jona machbar und sinnvoll? Nun liegen konkrete Ergebnisse vor.
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Das Ziel bleibt: Irgendwann soll der Verkehr unter Rapperswil-Jona durchrollen. Aber auch nach den jüngsten Machbarkeitsanalysen des Kantons St. Gallen ist klar: Bis dahin ist es noch ein sehr weiter Weg. Die wichtigsten Erkenntnisse aus der jüngsten Etappe der Mobilitätszukunft: Ein Tunnel kostet zwischen 625 Millionen und 900 Millionen Franken und der Kanton verfolgt zwei Varianten weiter - «Direkt» und «Mitte».

Noch habe sich zwar keine «Best-Variante» herauskristallisiert, sagt Bauchef Thomas Furrer zum jetzigen Stand. «Dieses Ziel können wir erst in der nächsten Phase erreichen». Trotzdem sei nun aber ein Meilenstein erreicht.Die Tunnelvarianten «Mitte» und «Direkt» haben zwei Gemeinsamkeiten: Erstens führen beide vom Bahnhof Rapperswil zur A53 im Gebiet Hüllistein. Zweitens sind zwischen dem Seedamm und dem Anschluss Tüchelweier an der Neuen Jonastrasse eine oberirdische und eine unterirdische Variante denkbar.

«Tunnel Mitte»

Im Detail: Die Tunnelvariante «Mitte» führt vom Anschluss Tüchelweiher über den Anschluss Kempraten zum Portal Hüllistein. Zwischen Rapperswil und Kempraten verläuft die Linienführung unter dem heutigen Trassee der SBB-Linie S7.

Der Bau eines Tunnels unter der Bahnlinie ist laut den Planern auch im laufenden Betrieb möglich. Mit sogenannten Hilfsbrücken könne der Baugrund für den Tunnel abgesenkt werden. Ein Meienbergtunnel wäre dann nicht mehr notwendig, es entstünden aber Mehrkosten wegen aufwendiger Bauarbeiten mit den Hilfsmassnahmen für den laufenden Bahnbetrieb. Die Option den Bahnbetrieb dauerhaft in einen neuen Bahntunnel durch den Meienberg zu verlegen, war früher ins Spiel gebracht worden. Bereits 2016 hatten die SBB aufgezeigt, dass ein solcher Bahntunnel baulich und fahrplantechnisch machbar wäre. Die SBB rechneten allerdings mit sehr hohen Realisierungskosten.

Kantonsingenieur Marcel John wägt die beiden Varianten gegeneinander ab: «Die aufwendigen Bauarbeiten auf dem S7 Trassee kosten rund 100 Millionen Franken, ein Meienberg-Tunnel 300 Millionen Franken.» Nachteil bei der Meienberg-Variante: Diese ist nur machbar, wenn die SBB einverstanden sind und das Projekt in die SBB-Planungen aufgenommen wird. Das wäre selbst dann notwendig, wenn der Kanton den neuen Bahntunnel selbst finanzieren würde. Der Meienberg-Tunnel sei aber noch nicht ganz gestorben, falls in der Projektierung ungeahnte Schwierigkeiten auftauchen würden.

«Die aufwendigen Bauarbeiten auf dem S7 Trassee kosten rund 100 Millionen Franken, ein Meienberg-Tunnel 300 Millionen Franken.»

Marcel John, Kantonsingenieur

Der «Tunnel Mitte» kostet je nach Anschluss am Bahnhof Rapperswil zwischen 800 und 900 Millionen Franken. Die Anschlüsse in Kempraten und am Tüchelweier sind unterirdisch auf zwei Etagen geplant, um die Verkehrsströme ohne Lichtsignal fliessend zu entflechten.

«Tunnel Direkt»

Zweite Variante ist der «Tunnel Direkt»: Dieser führt vom Anschluss Tüchelweier ohne Unterbruch zur A53. Am «Tunnel Direkt» hebt Thomas Furrer hervor, dass es die kürzeste Tunnelvariante sei, die zudem bautechnisch am wenigsten Risiken berge. Die gekrümmte Linienführung wird wegen der maximal erlaubten Steigung notwendig. Die Variante bringe zudem, wie sich gezeigt habe, eine «erstaunlich gute Verkehrsentlastung» mit sich. In diesem Punkt sei sie zwar nicht ganz so zufriedenstellend wie die Variante «Mitte» – «jedoch immer noch in einem guten Verhältnis».

So würde etwa die Zürcherstrasse mit rund 8000 weniger Autos pro Tag davon profitieren. Auch die Bereiche Holzwies und Allmendstrasse Jona würden entlastet, sagt Furrer – mit rund 4000 bis 5000 Fahrzeugen weniger pro Tag. Dies zeige, dass auch Jona - ohne Anschlussbauten - von einem «Tunnel Direkt» profitieren würde. Die Variante «Direkt» kostet zwischen 625 und 725 Millionen Franken.

«Tunnel Ost»

Vom Tisch ist der rund 800 Millionen Franken teure «Tunnel Ost» - vom Bahnhof Rapperswil ins Zentrum Jona und von dort zur A53. Der Stadtrat selber hat massgeblich dazu beigetragen, dass der «Tunnel Ost» nicht mehr im Rennen ist. Wie Bauchef Thomas Furrer bestätigt, war es eine Empfehlung des Stadtrates, jene Variante nicht mehr weiterzuverfolgen. Dadurch sei der Zielkonflikt auf dem Joner Grünfels-Areal entschärft. Auf dem Areal der denkmalgeschützten Villa Grünfels war für die Variante «Ost» unter anderem ein unterirdischer Kreisel ein Thema gewesen. «Aus fachlicher Sicht hätte man die Variante «Ost» durchaus weiter prüfen können», sagt Furrer.

Letztlich hätten aber die Aspekte Freiraum und Denkmalschutz sowie der geplante Park auf der Grünfels-Wiese überwogen. Der Kanton ist offenbar erst kurz vor der Sitzung der Mobilitätszukunft am Dienstagabend über das städtische «Nein» zu dieser Variante informiert worden. «Es wäre kein massiv grösserer Aufwand gewesen, alle drei Varianten zu prüfen», sagt Marcel John. Es sei aber nachvollziehbar, dass die Stadt die Ost-Variante nicht weiterverfolgen wolle.

Knacknuss Bahnhof

Die grösste bauliche Herausforderung ist und bleibt sowohl bei der Variante «Direkt» als auch bei der Variante «Mitte» der Untergrund im Bereich Bahnhof und Güterstrasse - insbesondere bei einer unterirdischen Linienführung. Deshalb plant der Kanton dort mit zwei Versionen, die unabhängig von der Linienführung zur A53 funktionieren. Die 100 Millionen Franken teurere Variante führt unterirdisch vom Portal Seedamm zum Anschluss Tüchelweier. Aus dem 2011 abgelehnten Tunnelprojekt liegen zwar bereits geologische Daten vor, erst Feldversuche vor Ort werden abschliessend zeigen, wie und mit welchem Aufwand die Bauarbeiten verbunden wären. Solche Versuche werden jedoch erst im Rahmen der Projektierung durchgeführt.

«Aus fachlicher Sicht hätte man die Variante «Ost» durchaus weiter prüfen können.»

Thomas Furrer, Bauchef Rapperswil-Jona

Die Situation wird dadurch erschwert, dass der Einsatz einer Tunnelbohrmaschine beim Bahnhof in den vorhandenen tonig-siltigen und seekreideartigen Seeablagerungen sehr aufwendig und mit grossen bautechnischen Risiken verbunden ist. Alternativ dazu hat der Kanton deshalb den Vorschlag ins Spiel gebracht, den ersten Streckenteil oberirdisch zu bestreiten. Der Verkehr würde über die Untere Bahnhofstrasse und die Güterstrasse oberirdisch geführt und vor der Kniestrasse, direkt nach der Rosenklinik, im Tunnel verschwinden. Der Stadtrat prüft derzeit mit Fachleuten die städtebaulichen Auswirkungen eines Tunnelportals in diesem Bereich.

Teures Projekt

Die Kosten von 625 bis 900 Millionen können sich laut dem Kanton noch um bis zu 30 Prozent nach oben oder unten verändern. Erst mit dem Vorliegen eines Bauprojekts, über welches auch die Bevölkerung an der Urne befinden kann, wird die Genauigkeit der Kosten auf eine Abweichung von 10 Prozent eingegrenzt. Geschätzt haben die Experten neben den Baukosten auch den Aufwand für die Planung, die Projektierung, den notwendigen Landerwerb, die Mehrwertsteuer und für flankierende Massnahmen. Zudem sind sogenannte Risikokosten einkalkuliert. Diese sind vorzusehen, um auf Mehraufwände etwa wegen schwieriger Geologie oder wegen der Behebung von Schäden vorbereitet zu sein.

Grosser Financier des Tunnelprojektes wird der Kanton St. Gallen sein. Der Bund finanziert seit einigen Jahren keine Bauprojekte mehr direkt. «Wir würden sicher über die Agglomerationsprojekte versuchen, gewisse Gelder zu erhalten», sagt Marcel John. Bereits beim letzten Tunnelprojekt 2011 hätte der Bund jedoch nur 70 von 750 Millionen Franken gezahlt. Gut möglich also, dass auch in diesem Fall der Anteil gering sein wird. Den grössten Teil der Kosten wird deshalb der kantonale Strassenfonds beisteuern müssen.

Aktuell liegen in diesem rund 190 Millionen Franken - viel weniger als für ein Tunnelprojekt nötig wäre. «Das Geld ist tatsächlich nicht einfach so bereit», sagt John. In der politischen Diskussion müsse man eruieren, ob man über mehrere Jahre den Fonds mit zusätzlichem Geld aufstocken wolle oder sich im Fonds verschulden. Unabhängig von der politischen Ausgangslage ist für John klar: Das Tunnelprojekt wird ab 2018 - nach dem Entscheid über eine Bestvariante - projektiert. «Die Kosten für die Projektierung sind im Vergleich zu den Baukosten deutlich geringer.» Es sei deshalb eindeutig, dass man das Projekt fertig projektieren müsse, unabhängig von der Finanzplanung.

Bevor es aber so weit ist, findet bis Ende 2017 nun die sogenannte Zweckmässigkeitsbeurteilung statt. Dabei werden die zwei Varianten zur Linienführung und den Portalen Seedamm oder Tüchelweier mit dem sogenannten Referenzzustand – der heutigen Situation ohne ­Tunnel – im Detail verglichen. Der Vergleich beinhalte sowohl ­bauliche, umweltrechtliche wie auch finanzielle Kriterien.

Chancen ungewiss

Wie gross die Chancen tatsächlich sind, dass der Tunnel dereinst einmal gebaut würde, mag heute niemand so richtig abschätzen. Im Vergleich zum 2011 gescheiterten Projekt ist jetzt einiges anders. Heute weiss man, dass der Kanton das Projekt zu grossen Teilen finanzieren muss. Ebenfalls vom Tisch ist die 2011 angedachte Etappierung der Bauprojekte mit langjährigen Pausen zwischen den einzelnen Realisierungsschritten. John sagt dazu: «Natürlich werden wir auch beim neuen Projekt in Etappen bauen müssen, aber es wird nach der Fertigstellung eines Stücks sofort mit dem nächsten weitergehen.»

Dass in Zukunft noch weitere Varianten hinzukommen könnten, sei ausgeschlossen, hält Furrer fest. Die Tür für weitere Tunnellösungen sei definitiv zu. Scherzhaft fügt er an: «Sollte aber eine gute Fee daherkommen und uns die Super-Variante hinzaubern, wären wir natürlich offen.»