Smartphone-Bank kündigt Start in der Schweiz an
Neue Banken setzen auf günstige Preise und eine einfache Nutzung via App. Schweizer Banken hinken hinterher.

In Fachkonferenzen und auf Medienveranstaltungen von Banken sind sie allgegenwärtig: die Fintech-Unternehmen, also neue, rein digitale Herausforderer von Platzhirschen wie UBS, Credit Suisse oder den Kantonalbanken. Doch bisher sind diese Unternehmen für normale Bankenkunden vor allem ein Medienphänomen. Das wird sich nun ändern.
Denn die Smartphone-Bank N26 will in der Schweiz starten. «Ja, der Launch von N26 in der Schweiz ist für 2019 geplant», teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit.
Norman Karrer, Partner der auf die Finanzindustrie spezialisierten Unternehmensberatung ZEB, sieht darin einen Warnschuss für die heimischen Banken. Der angekündigte Markteinstieg sei zwar kein «Gamechanger», der den hiesigen Markt tiefgreifend durcheinanderwirbeln werde. Der Start von N26 habe aber «eine klare Signalwirkung und würde die Notwendigkeit unterstreichen, dass die klassischen Schweizer Retailbanken die Digitalisierung ihres Angebots stark beschleunigen müssen», so Karrer.
Konto mit Kreditkarte und Reiseversicherung
N26 hat nur rund 750 Mitarbeiter, ist bisher in 24 Ländern aktiv und hat nach eigenen Angaben 2,3 Millionen Kunden. Die Smartphone-Bank bietet bisher primär Zahlungsverkehrskonten an. Je nach gewählter Variante zahlen Nutzer eine Gebühr. Die Produkte kommen zumeist von Partnern. Bei N26 Black zum Beispiel bekommt der Kunde ein Konto mit Kreditkarte und einer Reiseversicherung, die von der Allianz gestellt wird. Der Münchener Versicherungsriese ist auch einer der Aktionäre von N26. Auch Paypal-Mitbegründer Peter Thiel ist am Kapital beteiligt.
Das Berliner Start-up N26 hat gerade eine neue Finanzierungsrunde über 260 Millionen Euro abgeschlossen. Damit wird das Fintech-Unternehmen mit 2,3 Milliarden Euro bewertet. Das entspricht rund 80 Prozent des Werts der Privatbank Vontobel. Mit den frischen Mitteln will N26 die Auslandsexpansion vorantreiben. Primär ist das Geld dazu gedacht, in den USA anzugreifen. Offenbar hat das Unternehmen nun die Mittel, im Schweizer Markt anzugreifen.
Neobanken legen in ganz Europa zu
Ein ähnliches Konzept wie N26 verfolgt die britische Revolut, die vor allem auf günstige Devisentransaktionen fokussiert ist. Revolut hat Mitte Dezember eine Banklizenz in Litauen bekommen. Auch Revolut bemüht sich um Schweizer Kunden und hat dafür bei der Credit Suisse ein Korrespondenz-Konto eröffnet. Demnach sind nun Einzahlungen über die Schweiz möglich, wenn der Kunde eine entsprechende Referenznummer bei der Einzahlung angibt. Laut «Handelszeitung» hat Revolut in der Schweiz bereits 50'000 Kunden.
Solche Smartphone-Banken setzen nicht nur auf günstige Preise, sondern vor allem auf eine sehr einfache Nutzung von Bankdienstleistungen via App. In Europa haben diese sogenannten Neobanken bereits signifikant Marktanteile gewonnen. Beispiel Frankreich: Laut der französischen Bankenaufsicht haben diese neuen Player bereits einen Marktanteil von 6,5 Prozent. Noch wichtiger: Bei der Anzahl von Neukunden würden Neobanken bereits rund ein Drittel für sich gewinnen.
Schweizer Banken und der «Kodak-Effekt»
Laut der Unternehmensberatung ZEB spielen in der Schweiz die neuen Player de facto noch keine Rolle. Demnach hätten Fintech-Unternehmen hierzulande einen Marktanteil von unter 0,1 Prozent. Doch das strategische Potenzial der neuen Player sei aber «unbestritten», wie es in der Studie heisst.
Gemeinsam mit dem Swiss Finance Institut hat ZEB in einer Umfrage ermittelt, wie es um das Bewusstsein und die Umsetzung in Sachen Digitalisierung bei Schweizer Banken im europäischen Vergleich steht. Das Ergebnis: «Es gibt bei den Banken kein Erkenntnisproblem in Sachen Digitalisierung, sie hinken aber bei der Umsetzung hinterher», sagt ZEB-Partner Norman Karrer. So seien bei den Schweizer Banken erst 4 Prozent der Prozesse von A bis Z voll digitalisiert.
Banken müssten aufpassen, nicht vom «Kodak-Effekt» eingeholt zu werden. Der US-Riese für Filme hatte schon 1975 eine Digitalkamera entwickelt. Das Management hat sich auch vertieft mit dem Potenzial der neuen Technologie und den Gefahren für das eigene Geschäftsmodell befasst. Angesichts der damals schlechteren Bildqualität von Digitalbildern verzichtete Kodak aber darauf, stark eigene Digitalkameras zu entwickeln.
Kodaks erste Digitalkamera für den Massenmarkt wurde 1996 gestartet und erlaubte nur eine Bildvorschau auf dem Monitor. Die Fotos konnten aber nicht gespeichert werden, sondern wurden weiter auf Film belichtet. Der Rest ist bekannt: Sony, Canon und Co. machten das grosse Geschäft mit Digitalkameras. 2012 war Kodak pleite.
«Probleme bei einer Onlinetochter fallen immer auf das Mutterhaus zurück.»
Bisher hat noch keine Bank in der Schweiz einen reinen Onlineableger gestartet. Am ehesten in diese Richtung geht die Bank-App «Zak» der BKB-Tochter Cler. Finanzmathematiker Damir Filipovic von der ETH Lausanne kann die Zurückhaltung verstehen: «Denn Probleme bei einer Onlinetochter fallen immer auf das Mutterhaus zurück. Und Vertrauen bleibt das wichtigste Gut im Bankgeschäft.» In Frankreich dagegen haben die Platzhirsche wie BNP Paribas bereits mit Smartphone-Banken wie der Hello Bank auf die Konkurrenz durch N26 & Co. reagiert.
N26 und Revolut ringen um die Vorherrschaft in Europa. Sie verfolgen den gleichen Ansatz wie der Internethandelsriese Amazon: Gewinne sind zunächst zweitrangig, die Einnahmen werden in die Expansion investiert, um eine möglichst grosse Kundenbasis zu bekommen. Anschliessend werden höherwertige Produkte ausgerollt, die profitabel sind.
Dass N26 schnell wachsen kann, hat das Unternehmen jüngst in Grossbritannien bewiesen. Dort hat das Start-up nach eigenen Angaben in nur zwei Monaten 100'000 Kunden gewonnen.
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