Flohmärkte, Schweigeminuten, Festivals – Feiertage in den Niederlanden
Koningsdag, Koningsnacht und Bevrijdingsdag – Colin Bätschmann, freier Mitarbeiter der ZSZ, kommt in seinem dritten Monat in Holland nicht mehr aus dem Feiern raus.

Die vergangenen zwei Wochen haben eine Fülle an nationalen Feiertagen mit sich gebracht. Die letzte Arbeitswoche des Aprils endete mit dem Koningsdag, dem Geburtstag des (in Utrecht geborenen) Königs Willem-Alexander am 27. April. Bis 2013 war jeweils vom Koninginnedag die Rede – weil die Feier in Ehren der damaligen Königin Beatrix, der Mutter Willem-Alexanders, gehalten wurde, und zwar an deren Geburtstag am 30. April. Ob es tatsächlich der königliche Geburtstag ist, welcher in den Niederlanden Ende April Feierlaune auslöst, bleibt offen. Die wunderbare Realität eines verlängerten Wochenendes ist aber ein mindestens so plausibler Grund. Immerhin: mit Bezug auf die Dynastie Oranje-Nassau ist es üblich, sich an diesem Tag in orange zu kleiden. Das Königshaus geht also doch nicht ganz vergessen.
In der Praxis ist der Koningsdag ein Fest mit schwerem Fokus auf dem Alkoholkonsum – wie so mancher Nationalfeiertag, etwa der amerikanische 4th of July oder – seien wir ehrlich – der 1. August in der Schweiz. Während der 1. August jedoch für gewöhnlich erst gegen Abend mit Höhenfeuer, Ansprachen und Feuerwerk zelebriert wird, beginnen die Festivitäten des Koningsdag schon am Morgen und dauern den ganzen Tag an. Obwohl auch das nicht ganz korrekt ist: inoffiziell beginnt die Party schon am Vorabend, in der Koningsnacht.

In Gedanken bei Willem-Alexander stürzten wir uns am Donnerstagabend also ins Getümmel: Die Innenstadt Utrechts schien aus allen Nähten zu platzen. Unmengen an Leuten drängten sich zwischen Essständen und diversen Bühnen, wo Live-Musik gespielt wurde oder DJs auflegten. Zugegeben: für jemanden, der sich ans Richterswiler «The Lake» oder die Chilbis rund um den Zürichsee gewohnt ist, ist das nichts Neues. Mein australischer Kollege fand's aber aussergewöhnlich: Bier trinkende, tanzende Menschen in aller Öffentlichkeit und dann noch quasi auf Empfehlung der Regierung, so etwas kennt er anscheinend nicht.
Am Koningsdag fand im Stadtzentrum ein Flohmarkt statt, was angeblich zur Tradition gehört. An diesem Tag ist es erlaubt, ohne Lizenz und Steuerentrichtung für den alten Staubsauger, den zerbeulten Kupferkessel oder die vergilbten Liebesromane Geld zu verlangen. Ein spezifisches Bild ist mir in Erinnerung geblieben: Eine Gruppe junger Männer, auf Plastikstühlen sitzend und mit Bierdosen ausgestattet, welche sie zwischen den Schlucken auf dem Knie absetzten, verkaufte gebrauchte Bücher zur Zellbiologie – wohl Studienabgänger.

Überraschenderweise beendeten die Niederländer die Festivitäten abrupt. Obwohl er auf einen Freitag fiel, wurde der Koningsdag nicht bis in die frühen Morgenstunden ausgereizt. Das lässt sich erklären: Einerseits hatte man ja den Vorabend bereits genutzt, um sich in Festlaune zu bringen, andererseits muss auch der Geburtstag des Königs einmal ein Ende haben.
Der 4. und 5. Mai ist in der holländischen Agenda ebenfalls rot markiert. Genau eine Woche nach dem Koningsdag, am 4. Mai, fand der Nationale Dodenherdenking statt – der Totengedenktag. Dabei wird allen niederländischen Kriegsopfern seit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gedacht. Die Hauptzeremonie findet auf dem Dam in Amsterdam statt, wo auch die Königsfamilie anwesend ist. In Utrecht versammelten sich Einheimische, aber auch Touristen, auf dem Domplein vor dem Domtoren. Als um 20 Uhr die Kirchglocke verstummte, setzten zwei Schweigeminuten ein. Die Stille war eindrücklich, denn auch der Verkehr und der Betrieb in den Restaurants stellte sich ein. Anschliessend sangen die Anwesenden die Nationalhymne Het Wilhelmus, der Bürgermeister legte Kränze nieder und hielt eine Ansprache.

Der folgende Tag stand dann wieder im Zeichen des fröhlichen Feierns. Der 5. Mai markiert den Bevrijdingsdag, den Tag der Befreiung, sprich das Ende der deutschen Besatzung während des Zweiten Weltkriegs. In Wageningen – derjenigen Stadt, in welcher der Krieg für die Niederlande durch die deutsche Kapitulation offiziell ein Ende fand – findet jeweils ein grosses Festival statt. Auch Utrecht organisierte ein Bevrijdingsfestival während des 5. Mais, im Transwijk-Park, dieses Jahr mit niederländischem Hochsommer-Wetter: Sonnenschein bei 25 Grad.
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