Ein Blick in längst vergangene Wädenswiler Zeiten
Ein neu erschienener Film eines Richterswilers zeigt Wädenswiler Aufnahmen, die mehrheitlich aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammen. Der Neubau des Bahnhofs, der Alltag in der städtischen Kinderkrippe und das bäuerliche Leben in der Stocken sind Teile des Filmdokuments.
Wädenswil zu Beginn der 1930er-Jahre: ein geschäftiges Treiben vor dem Bahnhof, Perrons oder Unterführungen gab es keine. Das Bahnhofgebäude war jenem gleich, wie es heute noch in Richterswil besteht und stand unweit des Güterschuppens, ungefähr da, wo heute vor dem Hotel Du Lac Parkfelder eingezeichnet sind. Elektroloks, die lange Pilgerzüge und erste Skifahrer nach Wädenswil brachten, wurden durch bis zu fünf Dampflokomotiven ersetzt, welche die schwere Last, im Herbst manchmal mit durchspulenden Rädern, in Richtung Einsiedeln zogen und schoben.
Nach einer Volksabstimmung wurden noch in den 1930er-Jahren der Bahnhof neu gebaut, der Hafen umgestaltet, rund 16 Häuser um den Bahnhof herum mussten weichen. Ihr Bauschutt liegt heute unter den Seeuferwegen zwischen Wädenswil und Au sowie zwischen Richterswil und Bäch.
Kinder schliefen in der Sonne
Zusammengetragen hat das Filmmaterial der Richterswiler Hans Peter Treichler. In seinem einstündigen Film «Wädenswil im Rückspiegel», der seit Anfang Dezember als DVD erhältlich ist, zeigt er Aufnahmen, die von den 1920er- bis in die 1960er-Jahre hineinreichen.
In Zusammenarbeit mit dem Wädenswiler Historiker Peter Ziegler hat er die Texte geschrieben, mit denen er die verschiedenen Filmausschnitte kommentiert. «Zum Teil ist Nostalgie dabei, wenn ich die alten Bilder sehe», sagt Treichler.
Besonders beeindruckt hat ihn der Alltag in der städtischen Kinderkrippe in den 1940er-Jahren. «Der Film zeigt einen Mentalitätenwandel.» So lagen die Kleinsten noch in Stubenwagen, während sich die Ein- bis Zweijährigen an den Holzstäbchen des Laufgitters festhielten. Noch grössere Kinder mussten beim Gemüserüsten helfen. Vor dem Mittagessen wurde gebetet und der anschliessende Mittagsschlaf erfolgte, der Luft- und Lichttherapie folgend, in der prallen Sonne auf der Veranda. «Es handelte sich vor allem um Fabrikarbeiterkinder», sagt Treichler. Ein Betreuungstag kostete damals einen Franken und vierzig Rappen, was in etwa einem Studenlohn eines Fabrikarbeiters entsprach.
Erster sozialer Wohnungsbau
Um den Fabrikarbeitern ein bezahlbares Zuhause zu bieten, übernahm Wädenswil eine Pionierrolle im sozialen Wohnungsbau. Der Film zeigt, wie in der Au in der Gwad ein Quartier entstand, das in dieser Form ein Novum war. Es entstanden terrassenartig angelegte Vierzimmerhäuschen im Baurecht, die Fabrikarbeiter und künftigen Bewohner leisteten Fronarbeit, um die Kosten zu senken. Das Ziel war, dass die Wohnkosten einen Fünftel des Gehalts nicht übersteigen durften. «Das Ziel wurde erreicht», sagt Treichler. «Die monatlichen Kosten beliefen sich auf sechzig Franken, ein durchschnittlicher Monatslohn lag bei 320 Franken.»
Mit dem Film über Wädenswil, der noch weitere Sequenzen enthält, ist Treichlers Schaffen aber nicht zu Ende. «Nun wende ich mich wieder Richterswil zu», sagt er. Bereits drei DVDs mit Ausschnitten aus historischen Filmen hat er zu Richterswil veröffentlicht, im Frühling oder Sommer nächsten Jahres folgt Nummer vier.
Die DVD «Wädenswil im Rückspiegel» ist in Wädenswiler und Richterswiler Fachgeschäften erhältlich.
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