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Nach Tod von George Floyd
US-Protestwelle findet starkes Echo bei den Briten

Ein Graffiti neben diesem Strassenschild gedenkt in London George Floyd.
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Eine Flut leidenschaftlicher Kundgebungen hat die über den Atlantik geschwappte Anti-Rassismus-Protestwelle in Grossbritannien ausgelöst am Wochenende. Zehntausende von Demonstranten zogen durch die Strassen britischer Städte, um sich gegen «weitverbreiteten Rassismus» im eigenen Land zu wehren.

Bereits am Samstag hatten sich viele tausend Briten unterm Motto «Black Lives Matter» in London vorm Parlament, aber auch in zahlreichen anderen Grossstädten zusammen gefunden. Während die meisten Proteste ohne Zwischenfälle verliefen, attackierte eine kleinere Gruppe von Aktivisten am Eingang zur Downing Street die dort aufgestellte Polizei. 27 Beamte wurden bei den darauf folgenden Zusamenstössen verletzt. Eine Polizistin erlitt eine schwere Kopfverletzung, als sie im Chaos in eine Verkehrsampel ritt und vom Pferd fiel. Londons Bürgermeister Sadiq Khan warf der «winzigen Minderheit» gewalttätiger Demonstranten vor, der «gemeinsamen Sache» geschadet zu haben.

Madonna schloss sich Protesten an

Den Kundgebungs-Teilnehmern, die friedlich demonstrierten, versicherte der Labour-Politiker, dass er soldarisch an ihrer Seite stehe: «Ich teile euren Zorn und euren Schmerz.» Den Protesten in London schlossen sich Madonna und der Fussballstar Rio Ferdinand an. Und in seiner Heimatstadt Watford meldete sich auf einer Demo Box-Schwergewichts-Meister Anthony Joshua zu Wort.

Auch die Bischöfin von Dover, Rose Hudson-Wilkin, sah eine klare «Notwendigkeit» für Proteste. Auch Rassismus töte Menschen, erklärte die erste schwarze Bischöfin der englischen Staatskirche: «Leider zollt die Welt uns keine Aufmerksamkeit, wenn wir uns nicht erheben.»

Königreich «nicht unschuldig»

Am Sonntag kam es erneut vielerorts zu Kundgebungen. Tausende von Demonstranten sammelten sich vor dem US-Botschaftsgebäude an der Themse. Und grosse Menschenmengen fanden sich in Manchester, Nottingham, Edinburgh, Glasgow, dem alten Sklavereihafen Bristol und in anderen Städten zusammen.

Protestierende vor der US-Botschaft in London.

Auf ihren Plakaten taten die Demo-Teilnehmer ihre Überzeugung kund, dass das Vereinigte Königreich jedenfalls «nicht unschuldig» sei, wo es um Polizeigewalt gegen die schwarze Bevölkerung gehe. Eine ganze Reihe von Fällen, in denen schwarze Briten bei Verhaftungen oder im Polizeigewahrsam ums Leben kamen, haben in den letzten Jahren zu Empörung geführt.

«Ich kann nicht atmen»

Strassenkrawalle in London gab es, als Polizisten im Jahr 2011 in Tottenham einen ihnen verdächtigen 29-Jährigen namens Mark Duggan erschossen. 2016 starb der frühere Aston-Villa-Fussballer Dalian Atkinson, als er in Telford von der Polizei festgehalten und mit einer Taser-Pistole beschossen worden war.

Im Jahr darauf starb der 20-jährige Londoner Rashan Charles, den sich Polizisten gegriffen hatten, an Atemnot und Herzversagen. Und erst letzte Woche wurde eine öffentliche Untersuchung angekündigt zum Tod Sheku Bayohs, der 2015 in Kirkcaldy in Schottland im Polizeigewahrsam starb. Auch Sheku, sagte jetzt seine Schwester Kadi, habe am Ende «Ich kann nicht atmen» ausgerufen. Sein Fall gleiche dem George Floyds in den USA aufs Haar.

«Stolz» auf Demonstranten

Viele Demonstrationen wiesen am Wochenende darauf hin, dass in der Briten-Metropole schwarze Bürger sehr viel häufiger von der Polizei gestoppt und bei Verhaftungen wesentlich härter angepackt würden als weisse. Generell gebe es in der britischen Gesellschaft – von den Schulen bis zu den Arbeitsplätzen – Rassismus aller Art.

Labours aussenpolitische Sprecherin Lisa Nandy, Tochter eines indischen Vaters, zeigte sich «stolz» auf die Demonstranten, die nicht mehr schweigen wollten und nun «echten Wandel» verlangten. Sie drängte die an den Protesten Beteiligten freilich auch, bei ihren Zusammenkünften «Vorsicht walten» zu lassen und auf die nötige Distanz zueinander zu gehen.

Bereits zuvor hatten Gesundheitsminister Matt Hancock und Innenministerin Priti Patel an die Demonstranten appelliert, ihre Proteste mitten in der Coronavirus-Krise lieber ganz abzublasen. Wer sich Massenprotesten anschliesse, warnte Hancock, der riskiere nur Neuansteckungen in der gegenwärtigen Situation.