Vorschau aufs FilmfestivalBrad Pitt auf der Piazza von Locarno
Der neue Actionthriller des Hollywoodstars eröffnet das Tessiner Festival – aber es gibt auch andere Perlen im Programm.
Steht Brad Pitt am 3. August tatsächlich auf der Piazza von Locarno? Die Möglichkeit besteht, und ganz bestimmt wird er auf der Leinwand zu sehen sein: Sein «Bullet Train» ist der Eröffnungsfilm des Tessiner Festivals. Pitt spielt darin einen Auftragsmörder, der in einem Zug auf vier Berufskollegen trifft.
Für ein Spektakel zum Auftakt des wichtigsten Schweizer Filmfestivals ist also gesorgt. Ob es auch zu einer Parade der grossen Stars kommen wird – in Filmen angesagt sind auch Juliette Binoche und Morgan Freeman –, liess Programmdirektor Giona A. Nazzaro bei der Programmpräsentation in Bern offen. «Die Filme sind die Stars», sagte Festivalpräsident Marco Solari.
Nehmen wir ihn beim Wort. Hier einige Werke, auf die man sich schon jetzt freuen kann.
«Bullet Train»
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In der Eisenbahn von Tokio nach Kyoto soll Brad Pitt als Auftragskiller einen Job erledigen. Dumm nur, dass er nicht allein an Bord ist. Platz genommen haben vier Menschen mit dem gleichen Beruf, die sich nun gegenseitig in die Quere kommen. Inszeniert hat das Spektakel der ehemalige Stuntman David Leitch, der mit «Atomic Blonde» seinen Sinn für spektakuläre Actionszenen gezeigt hatte. Und an Bord ist auch Sandra Bullock – die ja mit «Speed» ihr Faible für schnell fahrende Vehikel längst bewiesen hat. Wer es nicht nach Locarno schafft, braucht nicht lange zu warten – am Tag nach der Premiere startet «Bullet Train» in den Kinos.
«Drugstore Cowboy»
Ein Star reist bestimmt ins Tessin: Matt Dillon. Der amerikanische Schauspieler und Regisseur wird mit einem Ehrenpreis fürs Lebenswerk ausgezeichnet. Zu sehen ist auch einer der ersten Filme, die er als Darsteller prägte: «Drugstore Cowboy» von Gus Van Sant aus dem Jahr 1989. Dillon spielt einen Drogenabhängigen, der mit seiner Bande in Spitäler und Apotheken einbricht, um an Stoff zu kommen. Über diesen rauen Film – und viele andere mehr – wird Dillon im Rahmen seiner Locarno-Auftritte einiges zu erzählen haben.
«Alles über Martin Suter. Ausser die Wahrheit»
Wahr ist: Martin Suter hat schon mehrere Piazza-Abende in Locarno geprägt. Der Schweizer Schriftsteller schrieb das Drehbuch zu «Giulias Verschwinden» von Christoph Schaub, einer Komödie über das Älterwerden mit Bruno Ganz und Corinna Harfouch, die 2009 das Premierenpublikum verzauberte. Drei Jahre später gab es für dasselbe Drehbuch- und Regieteam einen Abschiffer im wahrsten Sinn des Wortes – die Premiere von «Nachtlärm» wurde total verregnet und der Film stiess auf wenig Gegenliebe.
2022 folgt, als Abschlussfilm des Festivals, ein Dokumentarfilm über Suter. Realisiert hat ihn der deutsche Regisseur André Schäfer. Und der Titel verrät: Mit Schalk ist zu rechnen.
«Semret»
Eine grosse Piazza-Premiere wird auch «Semret» haben, der erste Spielfilm der Tessiner Regisseurin Caterina Mona. Es geht um eine Einwandererin aus Eritrea, die sich zur Hebamme ausbilden lassen will und sich ihre Rechte erkämpfen muss. Mit «Last Dance» von Delphine Lehericey – sie gewann mit «Le milieu de l’horizon» den Schweizer Filmpreis – gibt es gar noch einen dritten Schweizer Film auf der ganz grossen Bühne des Festivals. Mager vertreten ist das einheimische Schaffen dagegen in den beiden Hauptwettbewerben. Da läuft mit «De noche los gatos son pardos» von Valentin Merz ein einziger Schweizer Film.
«Skazka»
Für politischen Sprengstoff könnte der neue Film von Alexander Sokurow sorgen. Der russische Regisseur hat in seinem umfangreichen Werk und auch in Worten mehrmals Putin und dessen Machtdemonstrationen angegriffen. Sokurows neuer Film heisst auf Deutsch «Märchen» – mehr ist darüber nicht bekannt. Gezeigt wird ausserdem «Prologos», das letzte Werk von Mantas Kvedaravicius. Der litauische Regisseur wurde im Frühling getötet, als er in der ukrainischen Stadt Mariupol den Krieg dokumentieren wollte.
«Night Moves»
Der Ehrenleopard geht dieses Jahr an die US-Regisseurin Kelly Reichardt. Gezeigt werden von ihr allerdings nur zwei Filme, die sie selber ausgewählt hat: «Meek’s Cutoff» (2010), ein ungewöhnlicher Western, und «Night Moves» (2012) mit einem brandaktuellen Thema: Nach einem Anschlag auf eine Staumauer müssen sich Umweltaktivisten damit abfinden, für den Tod eines Menschen verantwortlich zu sein. Reichardt gehört zu den spannendsten und ungewöhnlichsten Filmschaffenden unserer Zeit – unverständlich allerdings, dass Locarno darauf verzichtet, ihre neuste Arbeit zu zeigen: «Showing Up» mit Michelle Williams hatte im Mai in Cannes Premiere. Und wäre sicher auch im Tessin auf Interesse gestossen.
Postkarte von Fredi M. Murer
Locarno feiert 2022 das 75-Jahr-Jubiläum. Um dieses zu begehen, haben diverse junge Filmschaffende eine filmische Postkarte angefertigt, die sich mit der Zukunft des Kinos befasst. Und auch ein altgedienter Regisseur liess sich verleiten: Fredi M. Murer, der 1985 mit «Höhenfeuer» den Goldenen Leoparden gewonnen hatte und vor drei Jahren mit dem Karrierenpreis ausgezeichnet worden war, hat seine selbst auferlegte Pensionierung aufgegeben und einen Kurzfilm gedreht. Auch dieser befasst sich verschmitzt mit der Zukunft – beginnt aber mit einer sehr realen Ausgangslage: einem heftigen Gewitter über der Piazza Grande.
Filmfestival Locarno, vom 3. bis zum 13. August, das detaillierte Programm findet sich auf www.locarnofestival.ch
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