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Poker um Fussballturnier
Warum will kein deutscher Sender die Frauen-WM zeigen?

Quoten-Hit: Der EM-Final zwischen Deutschland und England brachte der ARD fast 18 Millionen Zuschauende. Dennoch ist offen, ob die diesjährige WM auch gezeigt wird. 
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Selbst als ZDF-Mitarbeiterin kann Martina Voss-Tecklenburg zur Frage nach den Übertragungen der Fussball-Weltmeisterschaft im Sommer kaum etwas sagen. «Da bin ich auch nicht im Prozess so tief drin, dass ich das beantworten könnte», sagte die Nationaltrainerin der deutschen Frauen kürzlich, die nebenberuflich für den öffentlich-rechtlichen TV-Sender als Expertin arbeitet. «Gott sei Dank bin ich für die sportlichen Dinge verantwortlich und muss mich in den Prozess nicht auch noch einbringen. Für Medienrechte haben wir unsere Fachabteilung.»

Die Fachabteilung des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) ist aber ebenso ratlos bei der immer drängenderen Frage: Wer zeigt im deutschen Fernsehen die Spiele der Frauen-WM in Australien und Neuseeland, die in nicht einmal 100 Tagen am 20. Juli angepfiffen wird? In der Schweiz ist die Lage klar: Die Rechte liegen bei der SRG. Weltweit fand die Fifa in 52 Ländern und Regionen TV-Partner, die für diese Rechte bezahlen. Selbst in Ländern, die an der WM gar nicht dabei sind: in Albanien, Malta oder Nordmazedonien.

In Deutschland ist die Situation komplizierter und weiterhin ungelöst. «Seitens des DFB wünschen wir uns eine grosse Reichweite und Sichtbarkeit – sowohl für das Turnier insgesamt, vor allem aber für die Spiele unserer Frauen im Sinne unserer Fans und Partner, um die grossartige Entwicklung des Frauenfussballs der letzten Monate weiter zu fördern», sagte Holger Blask, Marketing-Chef beim DFB. «Deshalb gehen wir davon aus, dass die Fifa und die interessierten TV-Sender auch die wirtschaftlichen Potenziale der Frauen-WM angemessen und marktgerecht bewerten und gute Lösungen finden.»

Die Live-Übertragung des EM-Finals zwischen Deutschland und England war die am meisten gesehene Fernsehsendung des ganzen Jahres.

Nicht nur Ralf Kellermann, Direktor Frauenfussball beim deutschen Meister VfL Wolfsburg mit seinen vielen Nationalspielerinnen, findet es «wirklich aussergewöhnlich und schade», dass die Übertragungsfrage in Deutschland immer noch nicht geklärt ist. Er verweist auf die ähnliche Problematik in anderen europäischen Ländern und sagte: «Meine grosse Hoffnung ist, dass die WM am Ende im Öffentlich-Rechtlichen zu sehen ist.» 

Kann es sein, dass kein deutscher Fernsehsender die TV-Lieblinge des Vorjahres übertragen will? Die EM im 2022 war ein Quoten-Hit: Die Live-Übertragung des Finals zwischen Deutschland und England im Wembleystadion war mit 17,952 Millionen Zuschauern sogar die am meisten gesehene Fernsehsendung des ganzen Jahres.

Die Fifa will mehr Geld

Interesse besteht natürlich, auch wenn das niemand offiziell sagen will. ARD und ZDF schweigen dazu genauso wie die RTL-Gruppe und ProsiebenSat 1 oder die zuletzt im Frauensport besonders aktiven Pay-Anbieter Sky und Dazn. Kurioserweise äusserte sich der Fussball-Weltverband Fifa in einem Verfahren, das sonst von grösster Verschwiegenheit geprägt ist.

Das Ausschreibungsverfahren für die Übertragungsrechte «war bisher erfolglos, da es keine Angebote gab, die das grösste Frauenfussballturnier der Welt in seinem wahren Wert anerkennen», hiess es auf Anfrage bei der Fifa. Mit anderen Worten: Der Weltverband will mehr Geld, als bisher aus Deutschland geboten wurde.

Der Verband mit Sitz in Zürich pokert und teilte weiter mit: «Wir können bestätigen, dass die Verhandlungen mit mehreren potenziellen Sendeanstalten für das Turnier fortgesetzt werden.» Zudem macht der Verband noch ein bisschen Werbung und verweist auf die «beispiellose Popularität» der WM 2019 in Frankreich «mit Rekordeinschaltquoten».

Mitte März hatte Fifa-Chef Gianni Infantino nach seiner Wiederwahl geklagt: «Die Rechteinhaber und Sponsoren müssen mehr tun.» Er verwies auf die teils massiv niedrigeren Angebote dieser Partner für den Frauenfussball und kündigte zugleich an, die WM-Erfolgsprämien bis 2027 an die der Männer angleichen zu wollen. Das sei der «schwierigste» Schritt auf dem Weg zum sogenannten Equal Pay, also der gleichen Bezahlung, die im Fussball die Frauen vielerorts anstreben. 

Unattraktive Anspielzeiten

Die öffentlichen Aussagen der Fifa zum Bieterprozess überraschen – der Zeitplan war von Beginn an sehr ungewöhnlich. Die Ausschreibung startete erst Mitte Januar, die Frist zur Abgabe von Angeboten endete am 14. Februar, 10 Uhr. Anders als bei den bisherigen Frauen-Weltmeisterschaften werden die TV-Rechte dieses Mal einzeln und nicht zusammen mit jenen der Männer-Turniere verkauft. Das Problem der Fifa scheint zu sein, dass ausser ARD und ZDF niemand wirklich ernsthaft für den deutschen Markt mitgeboten hat. 

Bezahlsender bevorzugen mehrjährige Rechte für Ligen. Und für Privatsender, die mit Werbeeinnahmen die Rechte bezahlen müssen, ist das Turnier durch die erwartet geringere Zuschauerzahl am Vormittag nicht sonderlich attraktiv. Die Deutschen spielen zum Beispiel vormittags um 10.30, 11.30 und12 Uhr. Noch ungewohnter sind allerdings die Anspielzeiten der Schweizerinnen: 7 Uhr (gegen die Philippinen), 10 Uhr (Norwegen) und 9 Uhr (Neuseeland).

Die Zeit ist knapp für den Sender, der am Ende doch überträgt: Hotels müssen bestellt, Flüge gebucht und Visa-Anträge gestellt werden. Die Sportredaktionen müssen ihr Programm mit dem Rest des Senders abstimmen und Einsätze planen. Und was passiert, wenn es in Deutschland keine Einigung mit einem TV-Partner gibt? Darauf gibt die Fifa keine Antwort.

DPA