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Die erste Frauen-Akademie
Sie brennen für den Handball

Auf dem Weg in eine neue Ära: Martin Albertsen und seine Spielerinnen im ersten Training der Handball-Akademie.
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Es gäbe eine ganz einfache Rechnung. 2006 stellte der niederländische Handball-Verband eine Akademie für die Frauen auf die Beine; im Dezember 2019 holten sich die Niederländerinnen den Weltmeistertitel. Der Schweizerische Handball-Verband startete diese Woche seine Frauen-Akademie im OYM in Cham. Sind die Schweizerinnen 2033 Kandidat für einen grossen Triumph auf internationaler Bühne? «Wir dürfen das nicht vergleichen», sagt Martin Albertsen, Frauen-Nationaltrainer und Akademie-Cheftrainer in einem. Die Schweizer orientieren sich bei ihrem Akademie-Projekt zwar (auch) an den Niederlanden. «Aber die waren 2006 schon einiges weiter, als wir es nun sind.»

Denn dem Schweizer Frauen-Handball ging es vor kurzem noch so schlecht, dass man im Verband nicht nur über ein «wie weiter?», sondern auch über ein «überhaupt weiter?» diskutierte. Leistungssportchef Ingo Meckes schlug vor etwas mehr als fünf Jahren vor: «Entweder minimieren wir das Ganze, oder dann machen wir etwas Richtiges.» Der eindeutige Beschluss: etwas Richtiges.

Alles griff ineinander

Und nur fünf Jahre später stehen in dieser dritten Augustwoche 2020 zehn Handballerinnen zwischen 15 und 16 Jahren in der Halle des Kompetenzzentrums OYM (On Your Marks) für das erste Training der Handball-Akademie bereit. Sie besuchen nebenher das OYM College, wo sie eine KV-Lehre absolvieren oder eine Matura abschliessen können. Der Sport aber steht im Vordergrund. Von Montag bis Freitagmorgen sind sie vor Ort, Albertsen rechnet vor, dass sie pro Woche acht Stunden Handball-Training plus acht Stunden Athletik-Training absolvieren werden. Dazu kommen, je nach Ausbildung, 20 bis 25 Stunden Aufwand für die Schule.

Projektleiterin Karin Weigelt hat perfekte Vorarbeit geleistet.

Meckes erzählt, dass auf dem Weg zum Start fast alles unerwartet perfekt ineinander gegriffen habe. «Es war ein Glücksfall, dass das OYM gebaut wurde, es war ein Glücksfall, dass Nationalspielerin Karin Weigelt 2018 ihre Aktiv-Karriere beendete und als Projektleiterin einstieg, und es war auch Glück, dass wir mit Martin Albertsen einen dermassen anerkannten Fachmann 2018 als Trainer holen konnten. Als der seinen Wunsch nach Kontinuität äusserte, konnten wir ihm die Stelle des Cheftrainers der Akademie anbieten.» Hinzu kam, dass das OYM, bis jetzt vor allem von Eishockeyanern genutzt, ganz gerne sah, dass eine andere Sportart in Cham ein nationales Leistungszentrum aufbaut.

«Ein Traum für alle Spielerinnen»

Die Ostschweizerin Karin Weigelt (36), die in Deutschland, Norwegen und Frankreich unter Vertrag war und 127 Länderspiele absolvierte, spricht von einem «Meilenstein, einem Traum für alle Spielerinnen. Ich wäre Feuer und Flamme gewesen, wenn es zu meiner Zeit eine solche Akademie gegeben hätte. Wir bieten unseren talentiertesten Spielerinnen Perspektiven, die einzigartig sind.» Als es darum ging, Gastfamilien für die jungen Frauen zu finden, gab es ein starkes Echo. «Ich habe jetzt sogar zu viele Interessenten.» Das ist gut für die Zukunft, für neue Akademie-Mitglieder. Die Selektion für nächstes Jahr ist bereits erfolgt, es kommen zwei Nachwuchsspielerinnen hinzu. Das soll so weitergehen, bis die maximale Teilnehmerzahl von 16 erreicht ist.

Ein bisschen Spass muss sein: Trainer Albertsen mittendrin.

12’000 Franken Selbstkosten

Wer in die Akademie kann und will, der muss neben dem Wohnortswechsel auch anderes leisten. Zum Beispiel die 12’000 Franken, die eine Teilnehmerin pro Saison beizusteuern hat. Die Akademie ist eine GmbH, ein Teil der Kosten wird durch den Verband, ein zweiter durch Stiftungen, Sponsoren und Gönner gedeckt. Auf vier Jahre ist der Vertrag mit dem OYM abgeschlossen. «Also müssen wir in spätestens drei Jahren eine grosse Analyse durchführen, wenn es darum geht, ob der Kontrakt in Cham verlängert werden soll», erklärt Meckes.

Ständig bei Grossanlässen wie EM, WM oder Olympia dabei sein – das ist das hohe Ziel der Schweizerinnen. 2024 spielen sie an der EM, als Mitorganisator. «Danach sollten wir langsam so weit sein, dass wir uns regelmässig qualifizieren», sagen Albertsen und Meckes. Qualifizieren aus eigener Kraft. Dank der Akademie.