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Historisches Votum gegen Donald Trump

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Die Debatte zog sich hin und her, ein Pro und Contra über acht Stunden hinweg bis hinein in den gestrigen Abend. Am Ende, als sich Demokraten wie Republikaner im Washingtoner Repräsentantenhaus erklärt hatten, wurde Donald John Trump wegen Amtsmissbrauch und Justizbehinderung angeklagt – als dritter amerikanischer Präsident nach Andrew Johnson 1868 und Bill Clinton 1998.

Für den ersten Anklagepunkt, Amtsmissbrauch, votierten 230 demokratische Abgeordnete, 197 Republikaner sowie zwei Demokraten stimmten dagegen. Wenig später wurde Trump mit den Stimmen der demokratischen Mehrheit auch wegen Justizbehinderung angeklagt.

«Sie hassen den Präsidenten, und sie hassen uns, die wir ihn gewählt haben.»

Chris Stewart, republikanische Abgeordnete

Bei der Debatte hatten die Kontrahenten zuvor alle Register der Rhetorik gezogen: Sie wirbelten durch die amerikanische Geschichte, zogen grandiose Vergleiche und bemühten kühne Metaphern, ohne dass dadurch auch nur eine Seele hinzugewonnen oder verloren wurde. Die Positionen von Demokraten und Republikanern blieben unerschüttert, die Mauern fest, die Gräben tief. «Sie hassen den Präsidenten, und sie hassen uns, die wir ihn gewählt haben», behauptete der republikanische Abgeordnete Chris Stewart aus Utah. Sein Kollege Barry Loudermilk aus Georgia verwies sogar auf die Bibel: Als Jesus fälschlich beschuldigt worden sei, habe ihm Pontius Pilatus die Gelegenheit gegeben, «seinem Beschuldiger gegenüberzutreten». Donald Trump sei dies verwehrt worden. Denn der Präsident habe den Whistleblower, der die Ukraine-Affäre ins Rollen gebracht hatte, niemals konfrontieren können.

«Tragisch» aber «notwendig»

Niemand habe ein Impeachment geplant, «wir wollten dies nicht», hielt der demokratische Abgeordnete John Lewis, eine Ikone der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung aus Georgia, dagegen. Ähnlich hatte es auch die demokratische Sprecherin Nancy Pelosi zu Beginn der gestrigen Debatte formuliert: Man habe keine Wahl gehabt, das Anklageverfahren gegen den Präsidenten sei «tragisch», aber «notwendig» wegen Trumps Verhaltens in der Ukraine-Affäre. Es stimmt: Weder Pelosi noch Trump wollten diese Anklage. Die mächtigste Demokratin in Washington hatte sich über Monate gesträubt, und Trump hatte nur so getan, als sei ihm eine Anklageerhebung gerade recht. Über 50 Tweets setzte er gestern ab, einer wütender als der andere. «Ich habe nichts verbrochen!», twitterte er. Der Präsident war ausser sich, weil er weiss, dass er in die amerikanische Historie vor allem als der dritte Präsident eingehen wird, gegen den Anklage erhoben wurde. 2014 hatte Trump sich in einem Interview vorgestellt, wie Barack Obama reagieren würde, wenn er angeklagt würde. «Er wäre total von der Rolle, nur daran würde er denken, es wäre eine Horrorshow für ihn», sagte Trump damals. Jetzt ist es seine Horrorshow.

Er klang kämpferisch

Denn auch ein Freispruch im Senat mit anschliessender Siegerrunde und Triumphgeheul kann nicht wegradieren, was gestern geschehen ist. «Er nimmt seinen Platz in der Geschichte sehr ernst», sagte Steve Bannon über Trump. Deshalb der wütende sechsseitige Brief an Nancy Pelosi am Vortag der entscheidenden Abstimmung. Und deshalb auch das Kontrastprogramm, das Trump der Nation gestern Abend servierte: Während im Repräsentantenhaus noch über die Anklage diskutiert wurde, sprach der Präsident rund tausend Kilometer von Washington entfernt vor begeisterten Getreuen in Battle Creek im Staat Michigan. Ganz das Opfer demokratischer Machenschaften war er dort, ein grosser Präsident, dem die kleinen Demokraten zu Unrecht nachstellten. Die Wirtschaft floriere, der Aktienmarkt explodiere, Arbeitsplätze gebe es wie Sand am Meer, sagte Trump in Battle Creek. Das hielte die «verrückten» Demokraten in Washington jedoch nicht davon ab, ihn anzuklagen. Sie hätten «heute Abend versucht, das Wahlergebnis von 2016 zu verändern», sagte Trump in Michigan. Er klang kämpferisch.

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