«Er sät die Art von Reaktion, die wir in El Paso gesehen haben»
Nach den Attacken wird harsche Kritik an Donald Trump laut. Seine Rhetorik gegen Einwanderer habe viel mit dem zu tun, was in El Paso geschah.
Am Wochenende wurde sie brutale Realität, die Gewalt an der Grenze, von der Donald Trump fortwährend redet. Doch es waren keine Mexikaner, die in El Paso Tod und Terror verbreiteten, keine «Invasoren» aus Zentralamerika, wie sie der US-Präsident nennt. Es war ein weisser Rassist. In einem Vorort von Dallas setzte sich der 21-jährige Patrick C. ins Auto. Nach zehn Stunden Fahrt quer durch Texas erreichte er El Paso, die Stadt mit 700'000 Einwohnern an der Grenze zu Mexiko. In einem Einkaufszentrum erschoss der Mann dort am Samstag mit einem Sturmgewehr 20 Menschen und verletzte 26 weitere. Seither herrscht in El Paso Trauer, Entsetzen und Wut. Eine der sichersten Städte der USA, die geprägt ist von ihren vielen lateinamerikanischen Einwohnern, ist zum Schauplatz eines Terroranschlags geworden.
Terror – das ist nicht jedes Mal der Begriff, den die US-Behörden nach einem rassistisch motivierten Attentat verwenden. Doch diesmal sei die Lage klar. «Wir behandeln diesen Fall als Fall von einheimischem Terrorismus, und wir werden tun, was wir mit allen Terroristen in diesem Land tun», sagte Bundesstaatsanwalt John F. Bash am Sonntag: «Wir ziehen sie rasch und bestimmt zur Verantwortung.» Konkret plant die Staatsanwaltschaft, den inzwischen in Haft sitzenden Mann wegen Hassverbrechen anzuklagen. Darauf steht in Texas unter Umständen die Todesstrafe. Die Behörden bestätigten auch, dass es sich bei dem rassistischen Manifest, das kurz vor der Tat im Internet veröffentlicht wurde, um das Werk des Schützen handelt. Er hatte darin angekündigt, die «hispanische Invasion von Texas» stoppen zu wollen. Das AK-47-Gewehr, mit dem er die Menschen tötete, hatte er laut den Ermittlern legal erworben.
El Paso ist die Heimatstadt des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Beto O'Rourke, er ist dort aufgewachsen, vertrat die Gegend während einigen Jahren im US-Kongress und lebt dort noch heute. Am Samstag befand sich O'Rourke an einem Wahlkampfanlass mit Gewerkschaftern in Las Vegas, als er vom Attentat erfuhr. Er habe sofort seine Frau angerufen, die in El Paso gerade mit der gemeinsamen Tochter im Auto unterwegs war, sagte er: «Dies ist eine Erinnerung daran, was am Ende wirklich zählt.» Mit tränenerstickter Stimme kündigte O'Rourke an, seinen Wahlkampf zu unterbrechen, um nach El Paso zu seiner Familie und seinen Freunden zu fahren: «Ich bin unendlich traurig.»
Politische Schlammschlacht ist ausgebrochen
Als er tags darauf bei CNN zugeschaltet wurde, klang O'Rourke nicht mehr traurig, sondern wütend. Er kritisierte die Republikaner im Kongress dafür, alle Versuche, den Zugang zu Waffen einzuschränken, zunichte gemacht zu haben. Und er wies Trump eine Mitverantwortung für das Attentat zu: Der Präsident habe mit seiner Rhetorik gegen Einwanderer viel damit zu tun, was in El Paso geschah. Vom Moderator gefragt, ob er Trump für einen «weissen Nationalisten» halte, sagte O'Rourke: «Ja». In einem anderen Interview bei CBS führte er aus, was er damit meinte: «Wer als Präsident Asylsuchende an der Grenze als Invasoren oder Tiere bezeichnet, wer all jene gefährlich nennt, die nicht zur Mehrheit der Bevölkerung gehören, der sät die Art von Reaktion, die wir gestern in El Paso gesehen haben.»
Damit war sie dann definitiv ausgebrochen, die politische Schlammschlacht rund um das Attentat. Ronna McDaniel, die Vorsitzende der Republikanischen Partei, warf O'Rourke vor, die Tragödie von El Paso zu benutzen, um seine eher erfolglose Präsidentschaftskandidatur zu beleben: «Das ist abscheulich und falsch.» Allerdings war es längst nicht nur O'Rourke, der Trumps Rolle kritisierte. Reihum meldeten sich die Präsidentschaftsbewerber der Demokraten zu Wort. Pete Buttigieg, Bürgermeister der Stadt South Bend, forderte den Präsidenten auf, sich an die Amerikaner zu wenden, den weissen Nationalismus des Attentäters auf unmissverständliche Weise zu verurteilen – und seine Partei im Senat dazu zu bringen, wenigstens kleine Reformen des Waffenrechts zu ermöglichen. Zumindest am Sonntag tat Trump dies nicht. Bevor er von seinem Wochenende auf einem Golfplatz nach Washington zurück flog, sagte er zu Journalisten bloss: «Hass hat in unserem Land keinen Platz.»
Andere Republikaner gingen da schon weiter – zumindest einige aus Texas. George P. Bush, Sohn des früheren Präsidentschaftskandidaten Jeb Bush und von dessen mexikanischer Frau, rief alle Politiker auf, sich von «weissem Terrorismus» zu distanzieren. Auch Ted Cruz, Senator aus Texas, äusserte sich in diese Richtung: Als Sohn eines kubanischen Einwanderers sei er erschüttert über den Hass gegen Lateinamerikaner, den der Schütze in seinem Manifest verbreitet habe. Möglich, dass sich auch Trump noch zu einer klareren Distanzierung durchringt, besonders, wenn der öffentliche Druck auf ihn steigt. Das Weisse Haus hat eine weitere Stellungnahme für Montag angekündigt. Ob Trump und die Republikaner sich aber auch in der Frage nach konkreten Folgen für die Waffengesetze bewegen werden: Das ist offen.
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