1 Million Schweizer trinkt Wasser aus «gefährdeten» Quellen
Das Bundesamt für Umwelt warnt vor verschmutztem Grundwasser. Schuld sind sich ausbreitende Siedlungen und die Landwirtschaft.
Die Schweiz gilt als Wasserschloss Europas, die Trinkwasserversorgung ist gesichert. Doch das Grundwasser, das rund 80 Prozent der Bevölkerung und damit die meisten Schweizer Haushalte versorgt, ist an manchen Orten nicht so geschützt, wie es das Gesetz verlangt. Dies zeigt ein Bericht des Bundesamts für Umwelt (Bafu), der vor einigen Wochen publiziert, aber bislang kaum beachtet worden ist.
Zum ersten Mal führte das Bafu dafür eine Umfrage bei allen kantonalen Gewässerschutzfachstellen durch. Das Resultat: 12 Prozent der Bevölkerung – etwa eine Million Menschen – werden durch Trinkwasserfassungen versorgt, deren Schutzzonen unzulänglich sind.
«Es gibt immer mehr Schutzzonen, die gefährdet sind.»
Schuld seien «schwere Nutzungskonflikte», vor allem aufgrund von sich ausbreitenden Siedlungen und der Landwirtschaft wegen, erklären Bafu-Mitarbeiter in einem Fachartikel die Ergebnisse. Diese würden ein Risiko für die Sicherheit der Trinkwasserversorgung darstellen. Bloss: Der Bevölkerung und der Politik sei das bislang kaum bewusst.
Auf Nachfrage von SRF sagte Michael Schärer vom Bafu: «Es gibt immer mehr Schutzzonen, in denen Gebäude mit Abwasserleitungen, Strassen oder Eisenbahnen stehen. Und das bedeutet eine Gefährdung dieser Fassungen.» So kann etwa von Gebäuden Abwasser oder von Strassen Benzin ins Grundwasser sickern. Auch durch Gülle von Bauern kann es verschmutzt werden.
«Mit jedem zusätzlichen Bau steigt die Gefahr, dass das Grundwasser verschmutzt wird.»
Die Qualität des Wassers, das zu Hause aus dem Hahn kommt, kann trotz Nutzungskonflikten einwandfrei sein. Doch «mit jedem zusätzlichen Bau und jeder unzulässigen Tätigkeit steigt die Gefahr, dass das Grundwasser verschmutzt wird», schreibt das Bafu.
Nutzungskonflikte hatten bereits Folgen: In den letzten zwanzig Jahren musste fast jeder dritte Wasserversorger ein Fassungsgebiet schliessen – vor allem, weil sich Siedlungen und der Grundwasserschutz in die Quere kamen. Dies zeigt eine neue Untersuchung des Schweizerischen Vereins des Gas- und Wasserfaches (SVGW), einer Organisation von Wasserversorgern.
Laut Bafu handelt es sich um eine weitverbreitete Problematik, die sich in Zukunft weiter verschärfen dürfte. Davon geht auch Adrian Auckenthaler aus, der im Kanton Baselland für das Grundwasser zuständig ist. «Überbaute Gebiete und Grundwasserzonen kommen sich immer mehr in die Quere. Wir müssen uns einfach im Klaren darüber sein, dass wir in einem dicht besiedelten Land leben», sagte er zu SRF. Seiner Meinung nach müsste man in Schutzzonen das Grundwasser mit technischen Massnahmen besser schützen, zum Beispiel mit Auffangbecken, damit verschmutztes Wasser nicht ins Grundwasser sickert. Oder man müsste künftig Trinkwasser zusätzlich aufbereiten.
Solche Massnahmen sind allerdings teuer. Vielleicht kommt in den kommenden Monaten Schwung in die Sache, wenn das Parlament die Trinkwasserinitiative berät. Der Bundesrat lehnt sie ohne Gegenvorschlag ab. Bei einer Tamedia-Umfrage im Juli 2018 sprachen sich jedoch 68 Prozent der Teilnehmenden für die Initiative aus. Sie verlangt, dass Bauern, die Pestizide oder vorbeugend Antibiotika einsetzen, keine Subventionen mehr erhalten.
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